Barack Hussein Obama hat die Schlacht um die demokratische Präsidentschaftskandidatur gewonnen. Diesen Erfolg verdankt er nicht zuletzt beziehungsweise vor allem auch dem Internet. Hillary Clinton hatte ihre PR-Plattform zwar als Erste schon online, als die Welt noch nichts von einer Kandidatur eines Barack Obama wusste. Und Clintons multimedialer Auftritt machte anfangs schon mächtig Eindruck. Er ist aber um einiges schlichter als jener Obamas, war zu Beginn hauptsächlich von Clintons erster Web-Video-Botschaft dominiert und hat es seither nicht geschafft, die Möglichkeiten des Web voll zu nutzen. Barack Obama hingegen lässt kein Element der Web-Kommunikation ungenutzt.
Seine Website ist kommunikationstechnisch hervorragend gemacht. Der sympathisch blau schattierte Hintergrund mit weichen Farbverläufen weckt Vertrauen. Das Menu und die Inhalte sind übersichtlich und klar strukturiert. Die Botschaften („I’m asking you to believe …“, „get involved!“, „powered by hope“) sind kurz und prägnant formuliert sowie punktgenau platziert. Rote Knöpfe lenken die Aufmerksamkeit auf die „Action Points“ (donate now, report a problem). Das vermittelt einen transparenten, lösungsorientierten Eindruck vom Hoffnungsträger des modernen Amerika. Hier waren offensichtlich Profis am Werk.
Prominent in der Mitte rotieren ein paar Kernbotschaften, die auch über das daneben liegende Menu direkt aufrufen lassen. Die leeren Zwischenräume dienen zur optischen Auflockerung und Abgrenzung der einzelnen Teile gegeneinander. Unter „Obama Everywhere“ (rechts unten in der Ecke) findet man die Links zu Obamas Social Networking Fan-Oasen: Facebook, MySpace (sounduntermalt), YouTube , Digg, eventful, flickr, twitter und weitere. Und auf allen diesen Seiten gibt es haufenweise Code, um Buttons, Widgets und Videos auf der eigenen Fan-Website einzubinden. Weiter kann sich der Wahlhelfer und Obama-Fan im Obama-Store mit Fanartikeln des Präsidentschaftskandidaten eindecken. Das ist natürlich eine willkommene zusätzliche Finanzierungsquelle. Und natürlich hat Obama einen Blog, auf dem der älteste Eintrag jedoch vom 2. Juni 2008 ist.
Auch das Ergebnis der Heatmap-Analyse von Feng-Gui ist gut, auch wenn sich im HTML-Code verschiedene Kommentare mit <!– TODO: …. –> befinden. Diverse auskommentierte Code-Teile lassen darauf schliessen, dass hier laufend experimentiert und optimiert wird. Deshalb lauscht auch Google mit. Es wird aber in der „Privacy Policy“ (nicht direkt) erwähnt, dass Google Analytics Daten über die Besucher sammelt. Dort steht nur:
„We log IP addresses, which are the locations of computers or networks on the Internet, and analyze them in order to improve the value of our site. […] We do not gather, request, record, require, collect or track any Internet users‘ Personal Information through these processes. We use cookies on our site. […] Our cookies contain no Personal Information and are neither shared nor revealed to other sites. We do not look for or at other sites‘ cookies on your computer. […] We may use pixel tags (also known as web beacons or clear GIF files) or other tracking technology to help us manage our online advertising and to analyze and measure the effectiveness of online advertising campaigns and the general usage patterns of visitors to our Web site. Such technologies may also be used by third party advertising service providers who serve or assist us in managing ads on our site, such as DoubleClick, Yahoo Tremor and 24/7 RealMedia. […] The information that is collected and shared using these pixel tags and similar technology is anonymous and not personally identifiable. It does not contain your name, address, telephone number, or email address. We are not responsible for and do not control any actions or policies of any third party advertising technology service providers or of any third party members of any related advertising networks.“
Entweder weiss hier jemand nicht so ganz, was er da schreibt, oder soll hier etwa der US-Wähler verarscht werden? Nichts desto trotz gibt es auch Fans, die ihre eigenen Fansites zu ihrem Kandidaten ins Netz stellen.
Natürlich hat auch Obamas Konkurrent John McCain von den Republikanern seine eigene Website. McCains zentrale Botschaft auf der Einstiegsseite lautet: „A Leader We Can Believe In“. Ein Klick darauf führt zum „Decision Center“, wo McCains Aussagen und Wahlversprechen zu für ihn wichtigen Themen der Meinung von Obama gegenüber gestellt werden. Hier soll Obama als falscher Prophet enttarnt werden. Die Website ist langweilig und klassisch-amerikanisch aufgebaut. Auch McCain hat einen Blog, wo seine Wahlhelfer alle paar Tage einen neuen Beitrag zum Helden ihrer Wahl schreiben, sowie auch einen Fan-Shop, der mit dem schwarzen Hintergrund allerdings stark an ein Bestattungsinstitut erinnert. Ob das ein Omen ist? Immerhin bloggen McCain & Co. schon seit dem 17. April 2008.
Jedenfalls sammelt McCain nicht in dem Masse Informationen über die Besucher seiner Website, wie es Obama tut. Seine Statistik lässt er von hitbox mit Websidestory erstellen. Seine „Privacy Policy“ fällt entsprechend knapper aus. Er hat auch keine weiteren Seiten auf sozialen Vernetzungsplattformen und es gibt nichts, das man dargeboten bekäme, um auf den eigenen Webseiten einzubinden. Damit verschenkt McCain viel und zeigt seine Inkompetenz in Sachen Web-Kommunikation (oder die seiner Wahlhelfer).
Bereits beim letzten Wahlkampf um die US-Präsidentschaft wurde das Internet zur Unterstützung und quasi als „flankierende Massnahme“ eingesetzt. Der Spam, der in diesem Zusammenhang versandt wurde, hat damals viele Wähler verärgert. Der Webeinsatz war knapp halbherzig. Entsprechend dürftig waren damals auch die Erfolge, die man mit dem Web erzielen konnte. Barack Obama und seine Helfer haben nun der Welt gezeigt, wie man Wahlkampf erfolgreich über’s Internet betreibt und die Massen einschliesslich der politdesinteressierten Medienverweigerer dort abholt, wo sie sich herumtummeln: im Web. Ich bin gespannt wie der Zirkus weiter geht.
Gerade erschien bei brandchannel.com der dazu passende Artikel „The Prison of Marketing„, der von der Kohärenz von Werbebotschaften handelt und Vergleiche mit den Ex-Präsidenten Carter, Reagan und Clinton anstellt.
Eine absolut interessante und gut argumentierte Analyse zum Wahlsieg! Gerne habe ich diese Gedanken in meinem post verlinkt. Merci!