www.come-to-switzerland.com ist Satire

Nun ist es offiziell: Die Website www.come-to-switzerland.com war weder jemals ein ernst gemeintes Angebot, noch diente sie der Politpropaganda im Abstimmungskampf gegen oder für die Erweiterung der Personenfreizügigkeit mit der EU. Dies macht der Deutsche Markus Gäthke in folgendem Video klar:

Es war schon erstaunlich, wie die Medien genüsslich über die Website hergefallen sind und ihre Verschwörungstheorien konstruiert haben. Weder die SVP oder der junge SVP-Nationalrat Lukas Reimann noch Linksaktivisten hatten jemals etwas damit zu tun. Gäthke hat sich einfach einen Scherz erlaubt und jetzt lacht die ganze Welt über die schweizer Medien.

Update vom 07.02.2009

Wenn schon jeder seine „Verschwörungstheorie“ zum Besten gibt, möchte ich auch meine nicht für mich behalten. Wie wäre es mit folgender:

Markus Gäthke wollte mit seinem kleinen Budget seiner Einmann-Firma Werbung machen. Er nimmt sich grosse Marken wie zum Beispiel Benetton zum Vorbild. Egal was es ist, Hauptsache, man bekommt Aufmerksamkeit. Diese im Zeitalter des „Information Overloads“ zu gewinnen ist gar nicht so leicht. Aber er bekam sie von den schweizer Medien umsonst. Ob ihm dies nun wirklich Aufträge bringt, weiss ich nicht.

Für diese „Theorie“ spricht, dass sich Gäthke nicht erst nach sondern kurz vor dem Abstimmungswochenende an die Öffentlichkeit wandte. Nur dies garantierte ihm grösstmögliche Medienaufmerksamkeit, weil klar sein musste, dass jedes Käseblatt und viele Blogs darüber berichten würden. Ein Outing nach der Abstimmung hätte ihm kaum die gleich grosse Beachtung in der Öffentlichkeit gebracht.

Bedenklich finde ich, wie der Tagesanzeiger Gäthke’s Aktion als Aufhänger für seine eigene Politpropaganda missbraucht. Im Beitrag „Eine unseriöse Website beeinflusst die Politik“ schliesst Iwan Städler mit folgendem Absatz:

Die Abstimmung über die Personenfreizügigkeit ist wichtig für die Schweiz. Sagt das Volk nein, sind die bilateralen Verträge in Gefahr. Und diese sind zentral für den Wohlstand der Schweiz. Auch die Personenfreizügigkeit selbst hat massgeblich zum Prosperieren der Schweizer Wirtschaft beigetragen. Dank ihr kommen hochqualifizierte Arbeitskräfte in die Schweiz. Sie verdienen in der Regel gut und zahlen entsprechend hohe Steuern sowie Sozialversicherungsbeiträge. Es wäre daher ein Eigengoal, wenn die Schweizerinnen und Schweizer am Wochenende nein zur Personenfreizügigkeit sagen würden. Darunter hätte die Schweiz noch lange zu leiden.

Welche unseriöse Website beeinflusst hier die Politik? Soviel zu objektivem Journalismus bei Tamedia. Als einziges seriöses „Blatt“ hat sich im ganzen Zirkus um Gäthke’s Website die Weltwoche mit dem Beitrag «Profitieren Sie vom Sozialsystem!» von Andreas Kunz hervorgehoben.

10 thoughts on “www.come-to-switzerland.com ist Satire

  1. Gäthke hat am 07.02.2009 unter Wer_steht_hinter_dieser_Webseite? zu einer etwas skurilen Spenden-Aktion aufgerufen. Dort heisst es:

    Sie wollen wissen, wer wirklich hinter dieser Webseite steht? Oder Sie wollen es lieber nicht wissen?
    Den Besuchern ist die Entscheidung überlassen.
    Klicken Sie auf das obere der beiden Spendenfelder und spenden Sie dort, wenn Sie wollen, daß bekanntgegeben wird, wer hinter dieser Seite steht.
    Sie wollen lieber nicht, daß veröffentlicht wird, wer hinter der Seite steht? Dann klicken Sie auf das untere der beiden Spendenfelder und spenden Sie dort.
    Je nachdem, welches der beiden Spendenkonten zuerst die Marke von 10.000 Euro erreicht hat, wird veröffentlicht – oder auch nicht.
    Versprochen!

    Welcher Idiot (sorry, ich will niemandem zu nahe treten) spendet schon für sowas? Im Footer sind alle unseriösen „Geld-Websites“ von Gäthke verlinkt und sein gutes-webdesign.biz überzeugt nicht einmal einen Blinden. Mit Joomla! macht manch ein Teenie bessere Websites. Ich glaube, der Typ ist einfach nicht ganz richtig im Kopf. Wirklich ernst nehmen kann ich den nicht. Deshalb kann ich den Zirkus um Gäthkes Witzseite in der Presse nicht ganz verstehen.

  2. Ich sehe hier auch noch einige ungeklärte Punkte, bei denen ich mich frage, ob die Satire tatsächlich vorher schon so geplant war oder ob es nicht im Nachhinein überlegt wurde, damit man aus der Sache wieder rauskommt… Die Swiss muss schon wieder unter etwas leiden, was absolut nicht angebracht ist.
    Ich bin auf die Rechtfertigung gespannt, die sicher noch zusätzlich kommen wird.

  3. @LD: 🙂 Und dabei bin ich nicht mal Eidgenosse – aber offensichtlich nach 37 Jahren in diesem schönen und klugen Land recht gut integriert 🙂

  4. @LD: Die Mehrheit der Schweizer Stimmbürger hat in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, dass sie sich nicht von irgendwelchen Panikkampagnen beeindrucken lässt, daher war tatsächlich nicht zu erwarten, dass die fragliche Website irgendwen wirklich beeinflusst, dazu ist bzw. war sie sowieso zu schlecht gemacht. Ich gebe Ihnen recht, dass die Stimmbürger offenbar von verschiedener Seite dennoch komplett unterschätzt werden. So ist es sehr bedauerlich, dass – unabhängig davon, welchen Zweck diese Come-to-switzerland-Site nun hatte – einige Politiker die Stimmbürger regelmässig für dumm verkaufen wollen (das Rabenplakat allein zeugt davon, der Apfelbaum ist in dieser Hinsicht aber auch nicht viel besser…).
    Bald werden wir ja nun wissen, was die Schweizer heute beschliessen. Und da wir in einer Demokratie leben, wo die Mehrheit das Sagen hat und nicht irgendwelche hirnverbrannten Angstkampagnen, wird das Resultat so oder so auch das richtige sein. In diesem Sinne wünsche ich einen schönen Sonntag!

  5. @tin: wenn die „Konsequenzen“ derart unsachlich, emotional und einseitig in SVP-Manier formuliert werden, ohne sie fundiert zu belegen, wie dies von einem Journalist erwartet werden kann, ist dies eine gezielte politische Beeinflussung. Solche Kommentare gehören wenn schon in eine eigene Kolumne von der Berichterstattung getrennt. Darin unterscheidet sich eine seriöse Zeitung von einem auflagengeilen Boulevard-Blatt.

    @Dani: „seriös“ bezog sich nicht auf die Weltwoche generell sondern auf diesen einen Artikel. Für ein generelles Urteil lese ich die Weltwoche viel zu selten.

    Die ganze Aktion wurde nicht besonders professionell aufgezogen. Da stimme ich zu. Dem durchschnittlichen Schweizer Stimmbürger wird aber anscheinend nicht viel Intelligenz zugebilligt, dass die Angst so gross ist, dass eine solche Website das Abstimmungsresultat massgeblich beeinflussen könnte. Vielleicht spiegeln da ja bloss einige ihre eigene Intelligenz …

  6. Die Weltwoche „seriös“? (*aufdembodenrollvorlachen*) – Spass beiseite: Dass Herr Städler sich im oben zitierten TA-Artikel vom Donnerstag direkt zu möglichen Konsequenzen des Abstimmungsresultats äussert, finde ich auch lästig. Das macht seine am Mittwoch publizierten Vermutungen aber nicht unwahrscheinlicher. Diese Website war ein schlecht gemachter Fake, der ängstliche Schweizer Stimmbürger gegen die Personenfreizügigkeit mobilisieren sollte und sich dann als Schuss in den Ofen entpuppte, woraufhin huschhusch Schadensbegrenzung betrieben wurde. Und für Herrn Gäthke ist das alles sowieso sehr doof: Sogar wenn man ihm einen Webdesign-Auftrag geben wollte, könnte man nicht, er ist ja auch auf seiner Geschäftsnummer seit Tagen nicht zu erreichen und seine Website hat er auch vom Netz genommen. Blöd gelaufen, das alles irgendwie, hihi.

  7. Neuerdings wird das Aufzeigen von Konsequenzen einer Entscheidung als „Drohung“ und „Beeinflussung“ interpretiert – das ist auch neu im politischen Zirkus.

  8. Nur weil der jetzt sagt, das sei Satire gewesen, wars „nun offiziell“ eine? Diese Sichtweise ist gar gutgläubig… Und wieso kommt man nicht mehr auf Herrn Gäthkes Website, wo die fraglichen Referenzen (die zu Herrn Reimann führten) bis Dienstagnachmittag zu finden waren und dann panikartig gelöscht wurden? Und warum haben Websites wie Schweizerzeit, EU-Kritik und Ostzuwanderung.ch mit der Site come-to-switzerland.ch gegen die Personenfreizügigkeit argumentiert? Es sieht eher so aus, als hätte der Tagi etwas besser recherchiert als es jemandem lieb war…

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