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Wirbel um Aussagen von Doris Fiala zum biometrischen Reisepass

Doris FialaAm nächsten Wochenende stimmen wir über die Einführung des neuen biometrischen Reisepasses ab (und verwerfen dies hoffentlich mit einem klaren NEIN). FDP-Nationalrätin Doris Fiala sorgt nun im ohnehin schon heissen Abstimmungskampf für zusätzliche Aufregung mit ihrem Votum zugunsten einer Verwendung der biometrischen Daten für Fahndungszwecke.

Wie ich bereits vorhergesagt habe [1], wird der Abstimmungskampf emotional und unsachlich geführt. Als jüngstes Beispiel zeugt davon der Artikel „Passdaten für Fahndungen“ (PDF [2] und Online-Ausgabe [3]) von Christoph Moser beim „Sonntag“ über die jüngsten Äusserungen der FDP-Nationalrätin Doris Fiala: „Ich bin der Meinung, die biometrischen Passdaten sollten auch für Fahndungen benutzt werden können … nur im Fall von Schwerverbrechen“. Sie begründet ihre Meinung mit: „Wir leben in Zeiten, in denen wir uns in der Abwägung zwischen Sicherheit und Freiheit für die Sicherheit entscheiden müssen. Diese Entwicklung macht auch vor Freisinnigen nicht Halt.“. Dies war sogar heise online einen Beitrag [4] wert.

Frau Fiala erklärt sich

Noch am Sonntag habe ich Frau Fiala über ihre Website [5] kontaktiert und von ihr folgende unpersönliche Antwort ohne Anrede erhalten:

Besten Dank für Ihre Zeilen. Ich bitte Sie, untenstehende Aussagen zur Kenntnis zu nehmen. Leider schreiben Medien nicht immer, was man effektiv gesagt hat.

Mit besten Grüssen: Doris Fiala

Weiter unten stand eine Email von Frau Fialas PR-Kollegen Andreas Hugi von der PR-Agentur Furrer.Hugi&Partner AG [6], die die Abstimmungskampagne für das Befürworter-Komitee „Ja zur Reisefreiheit!“ führt:

Betreff: Komitee „Ja zur Reisefreiheit!“: Berichtigung von Nationalrätin Doris Fiala zum Artikel im heutigen „Sonntag“

Sehr geehrte Damen und Herren

Zur Kenntnis erhalten Sie beigelegt die Berichtigung von Nationalrätin Doris Fiala zum Artikel im heutigen „Sonntag“, wie sie in diesen Minuten an die Medien geht. Zu Ihrer Info lege ich Ihnen besagten Artikel bei.

Freundliche Grüsse
Andreas Hugi

Als Anhang war eine entsprechende Medienmitteilung (PDF [2]) beigefügt. Darin distanziert sich Frau Fiala scheinbar von ihrem Zitat im „Sonntag“ oder eben auch nicht (man lese genau):

Die Zeitung „Sonntag“ hat in der heutigen Ausgabe von mir nicht autorisierte Zitate verwendet, um einen reisserischen Beitrag über die Verwendung der Passdatenbak ISA für Fahnungszwecke zu konstruieren. Tatsächlich fand lediglich ein kurzes Vorgespräch zu Hintergrundüberlegungen statt. […]

Sie streitet das Zitat als solches also gar nicht ab, sondern möchte es nur nicht in diesem Zusammenhang publiziert sehen, um den Ausgang der Abstimmung vom 17. Mai nicht gegen ihre eigene Überzeugung zu beeinflussen. Welch ein dialektischer Kunstgriff!

Biometrische Datenbank für Fahndung grundsätzlich nutzbar

Die biometrischen Daten könnten sehr wohl für Fahndungszwecke verwendet werden, denn ein ausdrückliches Verbot zur Verwendung der Daten für Fahndungszwecke ist im Gesetz gar nicht vorgesehen. In Artikel 12 „Datenbearbeitung und Datenbekanntgabe“, Absatz 3 heisst es sogar:

Zur Identifikation von Opfern von Unfällen, Naturkatastrophen und Gewalttaten sowie von vermissten Personen dürfen Daten aus dem Informationssystem weitergegeben werden. Auskünfte an weitere Behörden richten sich nach den Grundsätzen der Amtshilfe.

Dem Bundesamt für Polizei wurden zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben in Absatz 2 denn auch gar keine Einschränkungen für den Zugriff auf die biometrische Datenbank auferlegt.

Und aus eigener beruflicher Erfahrung kann ich bestätigen, dass kein Gesetz auf der Welt in der Lage ist, Datenmissbrauch zu verhindern. Was technisch möglich ist und wovon sich jemand irgendeinen Nutzen verspricht wird auch gemacht, sofern der Aufwand als vertretbar erachtet wird.

Die Rolle der Lobby-Agentur Furrer.Hugi&Partner

Die PR-Agentur Furrer.Hugi&Partner AG lobbiert neben verschiedenen Parteien, Unternehmen und Organisationen auch für die Bundestverwaltung [7] („Wir unterstützen das Bundesamt für Bauten und Logistik in der Kommunikation mit den Zielgruppen Medien, Öffentlichkeit und Mitarbeitende“, siehe Referenzliste [8]) und hat ihren Sitz daher wohl nicht ganz zufällig nur wenige Meter neben dem Bundeshaus [9]. Einige ihrer Mitarbeiter hatten zuvor sogar leitende Funktionen im Generalsekretariat des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) beziehungsweise beim Informatikstrategieorgan des Bundes (ISB). Auch die Verbandelung mit FDP-Nationalrat Ruedi Noser und der Economiesuisse lässt aufhorchen.

Vielleicht sollte man die Auftragsvergabe-Politik des Bundesamtes für Bauten und Logistik (BBL) [10] nicht nur im Zusammenhang mit dem 42 Mio-Auftrag an Microsoft [11] untersuchen, um sicherzustellen, dass die Lobby-Agentur Furrer.Hugi&Partner AG nicht indirekt mit unseren Steuergeldern finanziert wird, denn dies ist auch das Bundesamt, welches für die Publikation der Abstimmungs-Broschüren verantwortlich ist, im Rahmen des Beschaffungswesens die Erstellung der neuen biometrischen Pässe in Auftrag geben soll und von einem Ja an der Urne profitieren würde.

Weitere Informationen

Wie kann übrigens jemand allen Ernstes behaupten, die zentrale biometrische Datenbank sei vor Missbrauch sicher, wenn Hacker bereits mehrfach in die Systeme des Pentagons [12] und der US-Flugkontrolle [13] einbrechen konnten?

Am 17. Mai 2009 stimme ich mit NEIN zur Einführung von biometrischen Personenausweisen: