In den Führungsetagen von Wirtschaft und Politik herrscht die Schizophrenie. Auf der einen Seite werden immer komplexere Führungssysteme installiert, welche aus einer immer grösseren Menge an Daten möglichst genaue Zahlen zur aktuellen Situation sowie auch möglichst verlässliche Prognosen zur zukünftigen Entwicklung berechnen (sollen). Daraus sollen durch logische Ableitung wenn möglich direkt und automatisiert Pläne und Handlungsanweisungen generiert werden. Auf der anderen Seite traut man diesen Systemen nicht wirklich und setzt doch lieber auf den eigenen Glauben und eine optimistische Hoffnung.
Die Grundidee eines von Determinismus geprägten Managements ist, dass die Geschäftsdaten eines Unternehmens zu dessen Steuerung dienen sollen – sowohl operativ als auch strategisch. Gleiches gilt für den öffentlichen Sektor und die Politik. Es wird viel Geld investiert in die Entwicklung der Modelle und deren Umsetzung in Software sowie auch in den Ausbau der Datenbanken und die Rechenleistung der Hardware. Enterprise Management Cockpit, Balanced Scorecard (BSC), Management Information System (MIS), Data Warehouse (DWH), Data Mining, Business Intelligence (BI) und Knowledge Management heissen die Schlagwörter dazu. Alles soll daten- und faktenbasiert sein, um eine grösstmögliche Objektivität zu erzielen und um Subjektivität und Gefühle zu eliminieren. Die Modelle dazu liefert uns die „Wissenschaft“ und die Informationstechnologie macht deren Realisierung erst möglich, denn erst mit ihr lassen sich die riesigen Datenmenge innert nützlicher Frist verarbeiten.
Doch scheinen die Führungseliten diesem zahlenbasierten, pseudo-wissenschaftlichen Hokuspokus nicht zu trauen. Ihre Skepsis ist auch oft berechtigt, denn die lineare Extrapolation der Vergangenheit in die Zukunft liefert keine verlässlichen Prognosen. So scheinen allen Bemühungen vergebens zu sein, die Führung durch datenbasierte Systeme zu verwissenschaftlichen. Wo das Wissen an seine Grenzen stösst, wird es durch den Glauben komplettiert. Damit kehrt zur Ergänzung wenn nicht gar zur Ablösung der nüchternen Technokratie der Glauben wieder in die Führungsetagen zurück – vor allem, wenn die deterministischen Modelle keine befriedigenden Resultate liefern.
Aussagen wie „Die Geschäftsführung glaubt aber an den Aufschwung“, „Schliesslich kann es nur noch besser werden“ oder „Trotz der schwierigen Lage sind wir optimistisch, dass …“ werden plötzlich salonfähig, auch wenn sie oft nur die Unwissenheit, Unfähigkeit und Ohnmacht der Manager manifestieren. Der Optimismus und die Hoffnung auf eine sich selbst erfüllende Prophezeiung soll die Zukunft zu einem Besseren wenden. Vielleicht braucht es aber gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie heute diesen Optimismus, auch wenn er nur auf reinem Wunschdenken basiert, um uns nicht durch Zukunftsängste lähmen zu lassen. Wird uns „Management by Faith“ aus der Krise führen?