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Die Google-Panne und andere Datensauereien

GooglemobilGoogle hat auf den Fahrten mit dem Googlemobil nicht nur Aufnahmen für den Kartendienst Street View gemacht, sondern auch – angeblich versehentlich – WLANs (SSID und MAC-Adresse) inventarisiert und dabei Verkehrsdaten nicht verschlüsselter Verbindungen in offenen Funknetzen mitgeschnitten. Der Suchriese behauptet, dass es sich dabei um einen Fehler und um eine unbeabsichtigte Verwendung von Programmen aus früheren Experimenten handelt. Angeblich sollen sich dabei in 30 Ländern lediglich 600 Gigabyte an Daten angesammelt haben, einfach so und lange ohne dass es jemand bemerkt hätte. Das wäre etwa vergleichbar mit einem Aussendienstmitarbeiter, der völlig unbeabsichtigt ein Maschinengewehr auf dem Dach seines Autos montiert, damit auf der Fahrt völlig unbeabsichtigt in der Gegend rumballert und nicht merkt, dass er Leute umbringt. Alles nur ein dummer Zufall oder eine Verkettung unglücklicher Umstände? Allein schon so etwas allen Ernstes zu behaupten, ist eine unverschämte Frechheit oder zeugt von einer Schlamperei und Inkompetenz galaktischen Ausmasses.

Wenn es sich nur um einen einzigen Kamerawagen handeln würde, könnte man Google die Geschichte mit etwas Wohlwollen noch glauben. Doch es sind Dutzende Wagen in verschiedenen Ländern über einen Zeitraum von Monaten und Jahren. Folglich kann es ich nicht um ein Versehen handeln, sondern man kann von einer systematischen und beabsichtigten Datenerfassung ausgehen. Der Vertrauensverlust in Google und seine Dienste ist gross, denn dieser Vorfall zeigt wieder einmal in aller Deutlichkeit den Umgang von Google mit der Privatsphäre und dem Datenschutz. Der Googlekritiker und Autor der „Googlefalle [1]“ Gerald Reischl sieht dies auch schon als den Anfang von Googles Abstieg. Mit einer simplen „Entschuldigung“ seitens Google und der Löschung der Daten ist es also bei Weitem nicht getan. So einfach, wie man sich die Löschung der Daten übrigens vorstellt, ist das nämlich gar nicht, denn von den gesammelten Daten bestehen Backups. Diese Sicherheitskopien werden aus Sicherheitsgründen an verschiedenen Lokationen gespeichert und man kann bei Google davon ausgehen, dass diese Backups auf der ganzen Welt verteilt sind. Entsprechend schwierig und aufwendig wird es sein, die gesammelten Daten zu vernichten. Sollte Google damit bereits selbständig beginnen, bevor die Ermittlungsverfahren zu den nun eingereichten Strafanzeigen abgeschlossen sind, würde Beweismaterial vernichtet. Der Fall dürfte viele Ermittler und Juristen noch eine Weile beschäftigen.

Es wäre aber falsch, die Datenschutzproblematik allein auf die Datensammelwut von Google zu beschränken. Microsoft war einer der ersten systematischen Datensammler und ist in den letzten Jahren diesbezüglich leider fast ganz in Vergessenheit geraten. Ganz von der Watchlist der Datenspione streichen sollte man „Kleinweich“ aber keinesfalls, wenn auch der „Fensterhersteller“ es vergleichsweise nicht ganz so dreist treibt wie andere Unternehmen. Facebook füllte in den vergangenen Monaten die Schlagzeilen mit Daten- und Sicherheitspannen sowie generell mit seinem „laschen“ Umgang mit den persönlichen Daten seiner Benutzer. Mindestens so schlimm ist aber auch Apple. Jedes Apple-Gadget (iPhone, iPad, iPod), das über einen Internetzugang verfügt, sammelt Daten zu den Nutzungsgewohnheiten seines Besitzers und schickt diese an einen zentralen (Apple-) Rechner zur Auswertung wie es auch die Software iTunes auf dem PC tut. Über das Konto bei iTunes oder im App Store können diese Daten dem Benutzer eindeutig zugeordnet werden. Gleiches gilt auch für Spielkonsolen mit Internetanschluss wie den Nintendo Wii, die Sony Playstation oder die Microsoft Xbox.

Leider fehlt es immer noch an Gesetzen, welche Anbietern verbieten, ihre Konsumenten heimlich auszuspionieren oder sie bei der Inbetriebnahme von Soft- oder Hardware beim Abnicken der Lizenzbedingungen zur Zustimmung zu solchen systematischen Verletzungen der Privatsphäre zu nötigen. Die Legislative verschläft wieder einmal die technologische Entwicklung.

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#1 Kommentar von martin am Samstag, 29. Mai 2010 00000005 18:30 127515061806Sa, 29 Mai 2010 18:30:18 +0200

mach kein „bisi“ wegen den wlan-daten… wenn die leute ihre wlan nicht verschlüsseln sind sie selber schuld wenn sowas passiert. die maximal ein paar sekunden nutzdaten, die dabei augezeichnet wurden sind eh nicht der rede wert. google kennt sowieso bedeutend mehr infos von jedem und ist nicht auf die paar bit zusätzliche daten (pro surfer) angewiesen.

das versehen von google war übrigens NICHT das aufzeichnen von wlan-infos, sondern der zusätzliche traffic der über die unverschlüsselten netze lief.

und sowieso: google sind nicht die ersten die wlan systematisch gescannt und festgehalten haben. probier doch einfach mal loki.com aus und frag dich mal, woher die auf die hausnummer genau dich rein über wlan-infos aus deiner umgebung lokalisieren können. und dort hast du keine ahnung, was sonst noch für daten vorhanden sind.

jeder der sich mit so grossen datenmengen konfrontiert sieht, wird diese daten maschinell auslesen und verarbeiten. aber eine maschine, die nach vorgegeben mustern und anweisungen arbeitet sagt dir nicht: „du mein herr und meister, übrigens.. wir haben da noch unmengen anderer daten aufgezeichnet. solltest du dir mal anschauen…“

und noch was zum herrn Gerald Reischl: durchleuchte den stuss mal ein bisschen, den dieser mensch von sich gibt und du wirst dich relativ schnell fragen, wie der überhaupt in die medien kommen konnte. er impliziert zb mit seinen aussagen, das nokia seit dem iphone nicht mehr der nr1 handyhersteller sein soll…

#2 Kommentar von LD am Sonntag, 30. Mai 2010 00000005 15:37 127522662503So, 30 Mai 2010 15:37:05 +0200

Willst Du wirklich eine Datenschutzverletzung mit einer anderen entschuldigen? Wie würdest Du eine Datenbank beurteilen, in der ersichtlich ist, wer sein Haus oder seine Wohnung regelmässig nicht abschliesst oder wo gefahrlos eingebrochen werden kann? Der Einbruch in Datenverarbeitungssysteme wird von den Gerichten mit einem physischen Einbruch gleich gesetzt.

Wenn die Google-Leute nicht wissen, welche Software in ihren Aufzeichnungswagen läuft und was diese genau macht, ist die Frage sicher berechtigt, ob Google genügend Kompetenz besitzt, um generell den Schutz der Daten seiner Benutzer sicherstellen zu können.

Ich kenne Gerald persönlich und zum angeblichen „Stuss“ kann ich Dir nur Folgendes sagen: Es mag zutreffen, dass er nicht in allen Punkten genügend korrekt und präzis ist. Trotzdem hat er sich in jedem Fall verdient gemacht in Sachen Sensibilisierung zum Datenschutz im Internet. Um ein möglichst grosses Publikum mit seiner Botschaft zu erreichen, muss er vieles vereinfachen, um es auch für Otto Normalverbraucher verständlich zu machen. Da sei ihm verziehen, dass die Wissenschaftlichkeit ein bisschen darunter leidet. Am Kern der Wahrheit und des „Google-Problems“ ändert dies jedoch nichts.

#3 Kommentar von martin am Dienstag, 1. Juni 2010 00000006 07:52 127537155307Di, 01 Jun 2010 07:52:33 +0200

Willst Du wirklich eine Datenschutzverletzung mit einer anderen entschuldigen?

überhaupt nicht. aber man sollte auch nicht übers ziel rausschiessen. beispiel: es gibt 2 verbrechen, ein offensichtliches beidem 50fr geklaut werden, und ein weniger offensichtliches mit einem toten. klar kann man die 50fr erwähnen, aber fokus sollte weiter auf der aufklärung des mordes sein. ist sicher überspitzt, aber ich hoffe es macht klar was ich meine.

Wie würdest Du eine Datenbank beurteilen,

ging doch erst vor kurzem durch die medien, dass es so einen dienst gibt. gefüttert mit den statusmeldungen der hausbesitzer selber (bin in den ferien, byebye bis nächste woche, usw), die dann auf einem neuen portal zusammengetragen werden. ist schon fast sowas ähnliches wie ein offenes wlan…

Der Einbruch in Datenverarbeitungssysteme wird von den Gerichten mit einem physischen Einbruch gleich gesetzt.

wo wurde denn eingebrochen? ist das versehentliche mitschneiden von daten aus einem ungeschützen wlan wirklich ein „einbruch“? ich glaube nicht, dass diese frage rechtlich schon abschliessend geklärt ist, sonst wäre das gratis-mitsurfen in ungeschützen netzen keine grauzone mehr weil ganz klar ein einbruch, und somit verfolgbar. ich lasse mich aber gerne mit den entsprechenden links eines besseren belehren.

…ob Google genügend Kompetenz besitzt, um generell den Schutz der Daten seiner Benutzer sicherstellen zu können.

diese frage ist absolut berechtigt, ist aber eine ganz andere diskussion.

ch kenne Gerald persönlich

du kannst gerne auch sein bruder sein, ändert für mich aber nichts an seiner aussagekraft.

Um ein möglichst grosses Publikum mit seiner Botschaft zu erreichen, muss er vieles vereinfachen, um es auch für Otto Normalverbraucher verständlich zu machen

der zweck heiligt also die mittel? und so starke vereinfachung, dass am schluss unwahrheiten dabei rauskommen, hauptsache die richtigung stimmt, sollen in einer diskussion zulässig sein? sorry nicht bei mir. wenn jemand unwahrheiten erzählt, dann hat er seine glaubwürdigkeit eingebüsst. diktaroren und andere extreme gruppierungen argumentieren auch so.

m Kern der Wahrheit und des “Google-Problems” ändert dies jedoch nichts.

doch. das ganze wird auf einer anderen ebene ausgetragen. google hat nicht erst seit gestern massiv viele daten über die nutzer. aber mir ist noch nie zu ohren gekommen, dass google diese daten weiterverkauft oder weitergegeben hat. sie machen fehler und schalten zb zuviele infos frei wie beim start von buzz, aber da „verdiente“ google nichts daran.
die echten datenschweine sind facebook und co., die du ja auch erwähnst. die geben daten ungefragt und unerlaubt weiter, ändern dauernd die nutzungsrichtlinien, erlauben irgendwelchen apps zugriff auf meine kompletten daten ohne das ich es einschränken könnte, usw..
google hingegen gesteht seine fehler ein, nimmt kontakt mit entsprechenden regierungsstellen auf und handelt. das sollte entsprechend beachtet werden. die ganzen zuckerbergs aber machen leere bekenntnisse und handel wenn überhaupt gegenteilig.

#4 Kommentar von LD am Dienstag, 1. Juni 2010 00000006 09:06 127537598409Di, 01 Jun 2010 09:06:24 +0200

Google verkauft seine Daten nicht direkt, sondern nutzt das Wissen über seine Nutzer, um auf ihr Profil zugeschnittene Werbung einzublenden, für die wiederum andere bezahlen. Das hat Google bisher reich und gross gemacht. Sobald Google nicht genügend Gewinne aus der eigenen Verwertung der Daten ziehen kann, werden sie diese auf andere Art und Weise zu Geld machen. In Sachen Datenschutzverletzung ist es allerdings völlig unerheblich, ob jemand damit Geld verdient oder nicht.

Wie Du richtig bemerkst, sind aktuell gerade soziale Netzwerke (allen voran Facebook) die grössten Datenwildschweine. Auch darüber habe ich schon oft geschrieben. Fehler werden nur eingestanden, wenn es PR-mässig keine Alternativen gibt. Es wäre naiv, in diesem Fall von einer Tugend Googles zu sprechen. In diesem Punkt unterscheiden sich Google und Facebook in keinster Weise.

#5 Kommentar von martin am Mittwoch, 2. Juni 2010 00000006 16:27 127548884004Mi, 02 Jun 2010 16:27:20 +0200

hmm.. du lässt relativ viel einfach weg.

Google verkauft seine Daten nicht direkt, sondern nutzt das Wissen über seine Nutzer, um auf ihr Profil zugeschnittene Werbung einzublenden, für die wiederum andere bezahlen.

ähm.. ja und? wo ist das problem? google gibt die daten ja nicht weiter sondern nutzt sie selber. und wenn man einen googledienst nutzt, dann ist man mit dem einverstanden oder lässt es bleiben. bisschen problematisch wirds aber mit google analytics…

…aus der eigenen Verwertung der Daten ziehen kann, werden sie diese auf andere Art und Weise zu Geld machen.

das ist eine vorverurteilung und unterstellung und in unserem rechtssystem nicht angebracht.
vorallem hat google noch genug andere eisen im feuer, bevor man sich auf so zweifelhafte geschäfte einlassen müsste.

Es wäre naiv, in diesem Fall von einer Tugend Googles zu sprechen. In diesem Punkt unterscheiden sich Google und Facebook in keinster Weise.

nein, eine tugend ist es sicher nicht. dazu hat sich google zuviele fehler geleistet. aber meiner meinung nach gehen diese beiden firmen komplett anders mit diesem thema um. aber nun ja, man muss ja nicht immer die gleiche meinung haben 😉

und ums gleich vorweg zu nehmen: nein ich arbeite nicht für google 😉