Man könnte meinen, als Informatik-Ingenieur wäre ich für jede technologische Neuheit zu begeistern und hätte stets die modernsten technischen Geräte (Computer, Smartphone, Navigationssystem, etc.) im Einsatz. Doch weit gefehlt! Viele meiner Freunde und Kollegen haben ein iPhone der vierten Generation, ihr Auto mit Navigationssystem und Echtzeit-Staumelder ist nicht älter als drei Jahre und ihr Computer bearbeitet Filme in Full HD-Auflösung in Echtzeit. Selbst die Notebooks meiner Kidds sind erst etwas über ein Jahr alt und Junior hat ein webfähiges Smartphone mit Touchscreen. Für manche Zeitgenossen wäre mein Leben der reinste Horror. Mein Arbeitsrechenknecht dient mir schon ganze sechs Jahre und hat bisher lediglich einmal zwei neue Harddisks spendiert bekommen, bei meinem bald vier Jahre alten Mobiltelefon lässt langsam die Akkukapazität nach und mein Auto (Jahrgang 1998) hat weder einen Boardcomputer noch ein Navigationssystem.
Trotzdem beneide ich jene, die nur das Neuste besitzen in keinster Weise, leide auch nicht unter Mangelerscheinungen oder Minderwertigkeitskomplexen und bin stets bestens über das Zeitgeschehen und meine Umwelt informiert, in der ich mich völlig autonom bewege. Natürliche verfolge ich die technologische Entwicklung mit grossem Interesse und bin zumindest wissensmässig immer auf dem neusten Stand der Technik. Ich verspüre aber nicht den Drang zum Besitz all dieser Dinge, die mir das Leben vereinfachen sollen, wie es mir die Werbung suggeriert, und auch in sozialen Netzwerken habe ich lediglich jeweils ein Konto unter einer erfundenen Identität zu Studienzwecken.
Der top-moderne Mensch von heute hat ein Smartphone, über das er anderen stets seinen aktuellen Aufenthaltsort und Gemütszustand verrät. Seine nächsten Aktivitäten plant er auf Grund der „Informationen“, die er via Facebook, Tilllate, Twitter und Google im Einklang mit seinem von Algorithmen errechneten Nutzerprofil und seinen selber deklarierten Interessen erhält. Er kauft und liest nur die Bücher, die ihm Amazon empfiehlt. Er fährt immer genau jene Strecke, die ihm sein Navigationssystem diktiert. Wenn er nach Informationen im Web sucht, sagt ihm Google, wo er was findet und was für ihn relevant ist. Seine Abende verbringt er auf Facebook, wo er all seine oftmals rein virtuellen „Freunde“ an seinem Leben teilhaben lässt. Von seinen Freunden und Kontakten wird er so wahrgenommen, wie es die Algorithmen von Google und Facebook für richtig und angemessen halten und seine Umwelt nimmt er genau so wahr, wie sie die Algorithmen von Google und Facebook für ihn berechnet und gefiltert und wie die Nachrichtenagenturen sie für ihn aufbereitet haben.
Kann man das wirklich als Fortschritt bezeichnen? Kann man auf sowas neidisch sein? Merken manche nicht, wie sie sich zum Sklaven von Maschinen und Algorithmen machen? Sieht so das Leben eines mündigen, selbstbestimmten Menschen aus? Ich liebe meine etwas altmodische Lebensart und bin froh, nicht modern sein zu müssen. Doch einen neuen Computer werde ich mir wahrscheinlich noch dieses Jahr kaufen.
Anscheinend tut hier etwas Aufklärung Not. Algorithmen sind keine virtuellen Freunde. Wie unintellektuelle Menschen mit Mode und Trends umgehen, können Sie mir sicher aus eigener Erfahrung erklären.
Warum wird immer so viel von angeblichen „virtuellen Freunden“ bzw. Menschen, die nur virtuelle Freunde haben sollen, gefaselt? Können Sie, Herr Fasler, die Existenz solcher Menschen mit nur virtuellen Freunden belegen?
Oder verstehen Sie bloß die Funktionsweise von Mode und Trends nicht, und wie unintellektuelle Menschen damit umgehen?