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Ad-Blocker zur Content-Personalisierung weisen den Weg in die Zukunft

Werbung nicht erwünschtWerbungsvermarkter, Verlage, Medien und sonstige sich über Werbung finanzierende Content-Produzenten sehen Werbeblocker als ihren grössten Feind und bemühen mitunter recht skurile juristische Tricks, um gegen sie anzukämpfen – allerdings mit sehr mässigem Erfolg. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen, schon über die Hälfte der Internet-Nutzer ist nur noch mit einem Ad-Blocker im Web unterwegs und ihre Zahl steigt ungebrochen. Neben den alten Medien kämpfen auch die grossen Content- und Kommunikations-Intermediäre wie Google oder Facebook, denn sie verdienen ihr Geld hauptsächlich mit Online-Werbung. Um uns auf uns zugeschnittene Werbung präsentieren zu können, müssen sie eine Menge über uns wissen und spähen dazu auch unsere intimsten Geheimnisse aus. Nur so können sie die Streuverluste ihrer Werbung minimieren und den Wert ihrer Werbeeinblendungen maximieren. Dass sie dabei unsere Intimsphäre und unsere Grundrechte verletzen, darf uns nicht stören, solange wir ihre Dienste kostenlos in Anspruch nehmen. Wir bekommen so weit möglich nur personalisierte Inhalte zu sehen, d.h. was wir sehen ist nach bestem Wissen und Gewissen gefiltert, gewichtet und manipuliert, und dies gilt nicht nur für die Werbung sondern für sämtliche Inhalte. Eine gewisse soziale und politische Brisanz lässt sich nicht leugnen. Trotzdem scheint dieses Treiben auf breite, stillschweigende Akzeptanz zu stossen. Aber eben nicht ganz und auch immer weniger.

Weil Online-Werbung nur noch nervt, schlägt der beworbene Pöbel mit den Waffen der Werber und Werbungsvermittler zurück und personalisiert und filtert die Inhalte zusätzlich seinerseits mit Ad-Blockern. Das ist schliesslich nur konsequent, führt aber zugleich das werbefinanzierte, „kostenlose“ Internet ad absurdum. Weil so am Ende praktisch gar keine Werbung mehr ausgeliefert wird, verdienen die Werbung vertreibenden und von ihr lebenden Anbieter fast nichts mehr. Manche Anbieter von Ad-Blockern wie Eyeo von Adblock Plus haben dabei ein neues Geschäftsmodell etabliert, das dem althergebrachten Geschäftsmodell der Werber diametral entgegen steht. Deshalb schlagen die Werber zurück und blockieren ihrerseits mit Ad-Blocker-Blockern Nutzer, die Ad-Blocker einsetzen. Es mag ihr gutes Recht sein, zu bestimmen, wem sie welche Inhalte aufgrund welcher Kriterien anzeigen oder nicht. Es ist aber auch kein Nutzer dazu verpflichtet, diese Kriterien ehrlich offen zu legen, da zwischen Nutzer und Anbieter kein rechtsgültiger Vertrag geschlossen wurde, der dies erfordern würde. Der Nutzer kann vielmehr das unverbindliche Angebot des Anbieters entweder annehmen oder auch nicht, wobei er im letzteren Fall ein eigenes Angebot zu seinen eigenen Bedingungen abgeben kann, das der Anbieter seinerseits frei ist anzunehmen oder eben auch nicht. Und so waren die Ad-Blocker-Blocker-Blocker geboren, welche die Ad-Blocker blockenden Blocker durch das Vorgaukeln frei erfundener Kriterien aushebeln. Es ist ein technisches Wettrüsten wie im Kalten Krieg. Online-Medien beziffern ihre durch Ad-Blocker entgehenden Einnahmen auf jährlich mehrere Milliarden Dollar und schätzen die Situation immer mehr als dramatisch ein, auch wenn sie dies öffentlich nicht gerne zugeben. Wie lange soll dieses Katz-und-Maus-Spiel noch fortgesetzt werden?

Das Ganze als Kampf der Geschäftsmodelle zu sehen, greift jedoch viel zu kurz. Es ist vielmehr eine kulturelle Revolution gegen Belästigung, Nötigung und Bevormundung im Gang, deren Ausgang bereits absehbar ist. Sascha Lobo spricht bei Spiegel Online [1] von einem „Akt der Notwehr“ und sieht den Kampf als Schlagabtausch zwischen Bündelung und Entbündelung als Teil des digitalen Marktes. Der heutigen Form der Online-Webung steht der Tod kurz bevor. Gegen die Mehrheit der Nutzer kann man nicht gewinnen und es ist auch völlig unanständig und inakzeptabel, so viele Menschen zu etwas zu zwingen, das sie eindeutig und klar ablehnen. Als netter Nebeneffekt von Ad-Blockern erlangen die Nutzer einen Teil ihrer Privatsphäre zurück und reduzieren den Datenverkehr um den Anteil der Werbung, der heute je nach Plattform irgendwo zwischen 6 bis 25 Prozent liegt. Lobo formuliert den Ausweg aus der Krise der Online-Werbung als „Macht mir bitte einfache, schnelle, bequeme Alternativangebote, die nicht maximalinvasiv daherkommen.“.  Ob das wirklich ausreicht und nicht schon um gefühlte Lichtjahre zu spät kommt? Das eigentliche Problem ist, dass die Online-Werbung immer noch wie zu Zeiten der Holzmedien denkt und das mittlerweile auch nicht mehr so neue Paradigma des Internet immer noch nicht begriffen zu haben scheint. Push-Massnahmen in einem Pull-Medium sind einfach völlig inkompatibel! Dazu passt dann Lobos „Rückbesinnung auf Überzeugung“ schon besser im Gegensatz zu Adblocker-Abonnementen gewisser Plattformen zur Kompensation von Werbeausfällen, von denen kaum eine Kraft der Überzeugung ausgeht. Die Symbiose des 20. Jahrhunderts von redaktionellen Medien und Werbung ist dem Tod geweiht. Nur Anbieter mit zum Medium Internet kompatiblen Pull-Massnahmen werden darin langfristig auch überleben. Es lebe die Attraktivität!