Medien und Multimedia

Die Zeitung der Zukunft

Im digitalen Zeialter der globalen Vernetzung ändert sich die Mediennutzung zugunsten einer Verlagerung hin zu Online-Medien. Entsprechend ändern sich auch die Erwartungen an die Medien. Die etablierten Verlagshäuser begegnen den Veränderungen auf ganz unterschiedliche Weise. Von Flucht nach vorn bis Paralyse ist alles dabei.

Die TAZ befasst sich in ihrem Sonderausgabe-Dossier „Die Zeitung der Zukunft“ mit den Veränderungen im Bereich der Printmedien. Individualisierung, Reizüberflutung, chaotisch freie Informationsausbeitung und Zukunft der Lokalnachrichten werden thematisiert. Treffend fand ich die Aussage von Verleger Michael Ringier im Interview: „Im Internet finde ich ja meist nur, was ich suche. In der Zeitung finde ich Dinge, von denen ich gar nicht wusste, dass sie mich interessieren. […] Ausserdem ist das Lesen auf Papier wesentlich angenehmer als auf dem Bildschirmformat“.

Die neue Medienkompetenz des Fussvolkes

Dass (professionelle) Medienschaffende ein eigenes Völkchen sind, ist jedem bekannt, der schon einmal mit Vertretern der Branche persönlich in Berührung gekommen ist. Sie bestimmen und repräsentieren die in den Medien veröffentlichte Meinung. Die wirkliche öffentliche Meinung (d.h. die Meinung der breiten Öffentlichkeit) ist jedoch eine ganz andere. Durch die Vernetzung von Menschen über das Internet und den ungehinderten, unmittelbaren Informationsaustausch wird dieser Graben erst richtig ersichtlich.

In den Mainstream-Medien dominieren immer wieder die selben Themen. Der Inhalt einer Tageszeitung von heute unterscheidet sich so gut wie gar nicht von dem einer Ausgabe vor zehn oder zwanzig Jahren, ausser dass nun auch das Internet zum Kreis der ständigen Themen gehört. Darüber sprach ich neulich mit Kollegen beim Kaffee und wir waren uns einig, dass dies das Resultat gezielter Manipulationen ist und eine einseitige Verzerrung der Realität darstellt. Dass zum Beispiel die kleine Maddie in den Ferien in Portugal verschwunden ist, ist tragisch. Tatsache ist aber auch, dass dies kein Einzelfall ist und zudem täglich auf dem Globus Tausende von Kindern verhungern oder an Krankheiten unmenschlich krepieren. Von diesen Kindern nimmt niemand Notiz. Ihr Tod ist für die Medien zu wenig spektakulär und deshalb ohne positiven Einfluss auf Auflagengrösse und Einschaltquoten. In den Mainstream-Medien finden sich nur Nachrichten, mit denen sich Geld verdienen lässt, die sich selber um Geld drehen oder die zur Befriedigung voyeuristischer Triebe dienen.

Das Web führt zu einer neuen Medienkompetenz des gemeinen Fussvolkes, an die sich die traditionellen Medien erst noch gewöhnen müssen. Dies ist vergleichbar mit dem Wandel im Detailhandel, als der Konsument „mündig wurde“ und gelernt hat, sich unabhängig über Produkte zu informieren und im Laden selber zu bedienen. Von der Diskrepanz zwischen den Interessen von Journalisten und Medienkonsumenten handelt auch der Beitrag „Von Gatekeepern und Konsumenten“ bei Wort|ge|fecht, in dem Michael Gisiger eine Untersuchung des Pew Research Centers kommentiert.

Internet verändert das Medienkonsumverhalten und die Werbung

Das traditionelle Fernsehen hat bald ausgedient und besonders die Zeitungen und Zeitschriften klagen über die immer mehr spührbare Verlagerung der Werbebudgets ins Internet, denn auch die TV-Zuschauer und Print-Leser wandern ins Internet ab. Das Zappen zwischen den Fernsehkanälen ist unbeliebt geworden und die Jugend fühlt sich ohnehin mehr von Internet und Games angezogen. Aber nicht nur im Bereich der Unterhaltung vollzieht sich dieser Trend. Auch Nachrichten werden immer mehr über das Internet bezogen und verbreitet. Es gibt schon praktisch keine Nachricht mehr, die nicht auch (kostenlos) im Internet verfügbar ist.

Die etablierten Plattformen für Werbung fürchten das Internet und sehen teilweise sogar ihre Existenz bedroht. ProSiebenSat.1 Media sieht in der Internetsuchmaschine Google mit seiner Videoplattform YouTube eine grosse Konkurrenz um die Werbebudgets und will daher verstärkt ins Internet investieren.

Das Fernsehen ist als Medienformat in die Jahre gekommen und droht, schon bald durch das Internet überrundet oder längerfristig sogar verdrängt zu werden. Daran ändern auch Zattoo und Co. nichts, denn es reicht nicht, einfach ein altes Format mit alten Inhalten 1:1 auf ein neues Medium zu portieren und die Umschaltpausen zur Pufferung des Video-Streams mit Werbung zu füllen, die keiner sehen will.

Die meisten Werber haben anscheinend immer noch grosse Mühe, das nun auch nicht mehr ganz so neue Medium Internet zur Kommunkation ihrer Botschaften richtig einzusetzen. Dabei bräuchten sie gar keine neuen Gesetzmässigkeiten zu (er)finden oder neue Regeln zu entwerfen. Würden sie sich auf die alten Grundregeln der Kommunikation in unserer Gesellschaft besinnen und die Möglichkeiten des Internet zielgerichtet und bedarfsgerecht nutzen, hätten sie mehr Erfolg. Lernen ist ein Prozess und Prozesse brauchen Zeit. Wer nicht so lange warten mag, kann sich schon mal ein paar von Patrick Breitenbach zusammengetragene, zukunftsweisende Werbefundstücke bei Werbung für Nerds, Geeks und Techies? ansehen.

Apple und das iPhone (Reloaded)

Apple ist ein Phänomen im Markt der elektronischen Geräte des digitalen Zeitalters. Steve Jobs wagt mit seiner Firma immer wieder Experimente, an die sich nicht einmal Grössen wie Microsoft wagen. Einzig Google ist vergleichbar experimentierfreudig, aber der Suchgigant hat schliesslich auch die vollsten Kriegskassen. Der Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ist immer wieder eine Gratwanderung und oft entscheidet nicht die Logik oder Vernunft sondern das pure Glück. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten wird solcher Wagemut noch geschätzt, der nach Europäischen Massstäben jedem Buchhalter eine Gänsehaut verursacht. Ich muss gestehen, dass auch ich manchmal die Vernunft und Logik bei Apple vermisse. Gerade bei Apple’s neustem Baby, dem iPhone, überrascht es mich, wie etliche Grundgesetzte des Marketing ignoriert werden. Auf dem Amerikanischen Markt funktioniert es anscheinend trotzdem. Ob dieser Erfolg auf anderen Märkten fortgesetzt werden kann, ist meiner Ansicht nach aber fraglich. Die meisten US-Amis ticken eben einfach ein bisschen anders als ihre Europäischen Zeitgenossen. So mag die USA für ein dort beheimatetes Unternehmen ein idealer Testmarkt sein – repräsentativ für den Rest der Welt ist er aber nur selten. Gerade Schweizer Konsumenten gelten als eine der weltweit anspruchsvollsten Klientel und deshalb ist die Schweiz besonders auch im Detailhandel ein beliebtes Terrain für Pilotprojekte. Nicht umsonst versuchen Aldi und Lidl in Helvetien Fuss zu fassen. Ob das iPhone den Einstieg in diesen Markt schafft, werden wir schon bald erfahren.

Apple hat seine Fans mit einem rein funktional betrachtet innovativen Gerät überrascht. Bereits die Ankündigung des iPhones löste eine beachtenswerte Welle der Begeisterung aus. Die Restriktionen, die der Kunde dann aber hinnehmen musste, machten den Bonus zunichte. Der Aktivierungszwang bei iTunes sowie die Bindung (mittels SIM-Lock) an AT&T und iTunes verärgerten das Publikum. Entsprechend zögerlich wurden die futuristischen Smartphones aktiviert. Als dann Motorola mit seinem Konkurrenzmodell „Razr2“ auf den Markt kam, reagierte Apple mit einer massiven Preisreduktion von USD 600.- auf 400.- beim 8-GByte-Modell und nahm die Version mit 4 GByte Speicher vom Markt, um gegenüber der Konkurrenz attraktiv zu sein und so sowohl Motorola als auch Palm ausstechen zu können. Das erboste aber die iPhone-Käufer der ersten Stunde, die teilweise 10 Stunden und mehr für ein Gerät Schlange gestanden sind. Blogs und Foren waren voll von Beiträgen erzürnter iPhone-Besitzer, weil ihr soeben erst erworbenes Spielzeug bereits nach kurzer Zeit einen Drittel an Wert eingebüsst hatte. Steve Jobs reagierte mit etwas holprigen Erklärungsversuchen in einem offenen Brief auf der Apple-Website und versprach seinen Anhängern einen Gutschein in der Höhe von USD 100.-, den sie natürlich nur bei Apple einlösen können.

Trotz all dieser Widrigkeiten für die Käufer hat Apple nach eigenen Angaben bereits innerhalb von 74 Tagen das millionste iPhone verkauft. Stimmt die Zahl, ist das schon ganz beeindruckend. Dies beflügelt nun das Nebengewerbe und generiert hoffentlich auch neue Arbeitsplätze, damit die Kundenknechtung wenigstens auch etwas Positives hat. iPhoneSimFree.com bietet eine Software-Lösung zur Deaktivierung des SIM-Locks, um auch mit anderen Mobiltelefonieanbietern telefonieren zu können. Leider werden die Software-Lizenzen nur zu Losen ab 50 Stück verkauft, was nur für Händler interessant ist. Privatpersonen werden an die Wiederverkäufer verwiesen, die den Endkunden eine Lizenz für 49.- bis 99.- US-Dollar anbieten. Das iPhone ist damit das erste Smartphone, das vor dem Gebrauch erst einmal (dank DMCA mittlerweile legal) gehackt werden muss.

Nachtrag vom 12.09.2007:

Den Softwarehack gibt es jetzt auch als Open Source kostenlos zum Download bei HaRRo. Nur leider scheint die Website infolge Überlastung gerade getaucht zu sein, was eigentlich nicht weiter verwundert. Es gibt jedoch keine Garantie, dass der Software-Hack auch noch nach einem zukünftigen Update der Firmware funktionieren wird. Es muss davon ausgegangen werden, dass Apple mit einem künftigen Update versuchen wird, weitere Software-Hacks zu verunmöglichen. Dabei könnte doch gerade diese neue Hacker-Welle den Kultstatus des Apfel-Smartphones betonieren. Wäre ich Steve Jobs, würde ich mir dies zunutze machen.

Weitere Informationen zum Thema findet Ihr bei:

Grundsatzurteil zu Online-Musikvertrieb

Die dänische Band „Dodo and the Dodos“ hat sich das Recht auf Neuverhandlung der Online-Vertriebskonditionen gegen Sony BMG erkämpft.

Der Konzern hatte ohne schriftliches Einverständnis der Musiker deren Songs per Download verkauft – und zwar zu den selben Konditionen wie im Tonträgergeschäft. Das bedeutet unter anderem Abzüge für Herstellung, Transport und Transportschäden, wie in der guten alten Zeit der schwarzen Rillenscheiben. Jetzt müssen die Vertriebsdetails neu verhandelt werden. (Quelle: testticker.de)

Die Begründung des Urteils ist einleuchtend und fair. Daher könnte es durchaus auch auf internationaler Ebene Schule machen. Dies hätte weitreichende Konsequenzen für das Online-Musikgeschäft.

Fernsehsender fürchten die neuen Sehgewohnheiten der Jungen

Die gestandenen Fernsehsender fürchten die neuen Sehgewohnheiten insbesondere der jungen Medienkonsumenten. Jedenfalls hätten sie allen Grund dazu. Nur leider stecken die meisten den Kopf in den Sand. Das bietet Gelegenheit für neue Geschäftsmodelle und neue Unternehmen.

Mobilität und vor allem Zeitunabhängigkeit und Indiviualität sind die neuen Schlüsselfaktoren. Diesem Konzept hat sich Dailyme.tv verpflichtet:

SPIEGEL Spezial zu LEBEN 2.0

Heute habe ich das aktuelle SPIEGEL SPEZIAL (Nr. 3/2007) „LEBEN 2.0: Wir sind das Netz – Wie das neue Internet die Gesellschaft verändert“ gekauft und bereits ein bisschen quergelesen. Der erste Eindruck ist durchwegs positiv.

Behandelt werden unter anderem folgende Themen:

  • Die neuen Formen der Publizistik
  • Benutzergenerierte Inhalte
  • Medienkonvergenz technisch und inhaltlich
  • Überwachung und Spionage
  • Datenschutz und Verlust der Privatsphäre
  • IT-Sicherheit und Online-Kriminalität
  • Netzplolitik und Anarchie im Netz
  • Demoktratisierung des Wissens
  • Immaterialgüterrecht und digitale Medien
  • Virtuelle Welten

Mein Urteil: äusserst lesenswert und guter Ideenlieferant für weitere Beiträge.

Zivilrechtlicher Auskunftsanspruch auf Internet-Nutzungsdaten (Teil 2)

Weil die Musik- und Filmwirtschaft die „Kopien-, Marken- und Produktpiraterie als eine ernste Bedrohung für die nationalen Volkswirtschaften“ betrachtet, will sie in Deutschland aus dem Urheberrechtsgesetz einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch gegenüber den Internetprovidern zur Verfolgung der Urheberrechtsverletzer ableiten – und dies ganz ohne einen Nachweis einer Rechtsverletzung im geschäftlichen Verkehr.

Mit der Hürde des Richtervorbehalts im Gesetzesentwurf sollte erreicht werden, dass wirklich nur Verletzung der Rechte an „geistigem Eigentum“ im gewerblichen Ausmass als Straftat verfolgt werden. Eine Wegfall dieser Bedingung würde jegliche private Nutzung kriminalisieren und gemäss Patrick von Braunmühl von Bundesverband der Verbraucherzentralen nicht mehr nur auf die Bekämpfung von gewerblicher Marken- und Produktpiraterie zielen. Dies ginge gemäss Oliver Süme vom Verband der deutschen Internetwirtschaft weit über die Vorgaben der EU-Richtlinien hinaus.

Golem befürchtet, dass die Rechteinhaber ihre Forderungen im Bundesrat durchsetzen und dies eine abschreckende Wirkung auf die Nutzung von Tauschbörsen und Newsgroups haben wird. Zu gross wäre die Gefahr eines unabsehbaren Prozess- und Kostenrisikos, der man sich selbst bei falscher Verdächtigung aussetzt.

Teil 1: Vorratsdatenspeicherung für Zivilprozesse – Social Networking 2.0

Raubkopie als Unwort des Jahres – Urheberrecht im Wandel

Eine Raubkopie bezeichnet ja eigentlich eine Kopie eines Raubes und Raubkopierer sind demnach alles Nachahmungstäter. Oder bin ich nicht ganz korrekt Deutsch und ist eine Raubkopie etwas, das sowohl geraubt als auch kopiert wird? Das macht aber keinen Sinn. Der Begriff „Raubkopie“ ist ein Unding – um nicht gleich zu sagen ein kompletter Schwachsinn!

Bei einer Kopie nimmt das Original (in der Regel) keinen Schaden und bleibt so, wie es ist, und dort, wo es ist. Wird etwas geraubt, so spricht man von Raubgut oder Beute. Wenn dabei keine Gewalt im Spiel ist, nennt man es schlicht und einfach Diebstahl. Kann man etwas zugleich kopieren und rauben? Zu klären wäre dann aber, ob etwas zuerst geraubt und dann kopiert wird oder umgekehrt. Aber wieso spricht man eigentlich von Raub? Wo wird hier Gewalt angewandt? Wo ist dabei die kriminelle Energie? Wenn schon, dann müsste es eigentlich „Diebeskopie“ heissen – oder „Diebstahlskopie“. Mein Deutschlehrer würde mich dafür erhängen und sicherlich auch mein Rechtsdozent! Im Fall der sogenannten „Raubkopie“ treffen weder Raub noch Diebstahl als strafbarer Tatbestand zu, da niemandem eine Sache abhanden kommt. Auch die Urheberrechte verliert der Inhaber nicht am kopierten Werk.

Das geltende Immaterialgüterrecht befindet sich zur Zeit im grössten Wandel seit seiner Entstehung als Form des immateriellen Besitzes am Ende des 18. Jahrhunderts, die ihrerseits als verspätete Folge der Erfindung des Buchdrucks (über 300 Jahre zuvor) zu sehen ist. Damals ging eben alles noch viel langsamer. Schuld am aktuellen Wandel ist einerseits die Digitalisierung der Inhalte, die ein verlustfreies Kopieren innert kürzester Zeit ermöglicht, und andererseits die Verbreitung über das Internet, welche die globale Distribution in Windeseile erlaubt. Dies ist das Resultat des technologischen Fortschritts und der Globalisierung unserer Wirtschaftswelt. Der Informatik kommt in diesem Zusammenhang eine mindestens so wichtige Rolle zu wie damals dem Buchdruck.

Raubkopierer sind Verbrecher“ heisst es auf den Plakaten und in den Werbeclips der DRM-Mafia Musik- und Filmindustrie. Ist es nicht vielmehr als ein Verbrechen an der Gesellschaft zu werten, wenn jemand ein exklusives Recht auf eine gedankliche Schöpfung erhebt, nur weil er der Erste gewesen ist (was zu beweisen wäre)? Wo wären wir heute, wenn schon die Neandertaler ein Immaterialgüterrecht gekannt hätten? Müssten wir dann heute Nutzungslizenzen für das Feuer, das Rad und die Nutzung der Wind- und Wasserkraft bezahlen? Oder müssten wir die Erlaubnis einholen, ein Volkslied zu singen? Das Urheberrecht soll den Urheber eines Werkes vor Ausbeutung schützen, indem ihm die alleinigen Rechte an der (monetären) Verwertung seiner geistigen Schöpfung zugesichert werden – so die ursprüngliche Absicht. In der Praxis behindert das aktuelle Immaterialgüterrecht aber den Fortschritt und beschäftigt Heerscharen von Patent- und Rechtsanwälten. Da Anwälte zu den besser Verdienenden unserer Gesellschaft gehören, herrscht hier das Recht des Finanzkräftigen. Wer kein Geld hat, kann sich sein Recht nicht leisten. Ein Kleinbetrieb oder Privatmann hat meist gar nicht den finanziellen Odem, seine Rechte gegenüber einem Medienmulti geltend zu machen. Und die Grossen spielen immer wieder gerne „Kampf der Titanen“. Letztendlich mündet das Ganze in einer sinnlose Geldumverteilung für sinnlose Arbeit. Mit sinnloser Arbeit ist nicht etwa die Schöpfung geistiger Güter gemeint sondern der Leerlauf im Zusammenhang mit der Sicherung und Verwertung der Rechte an diesen Werken. Das kommt natürlich immer auch auf den Standpunkt an. :)=)

Besonders bedenklich ist in meinen Augen die Kommerzialisierung der Kultur durch Urheberrechte, denn ein wesentliches Element jeder Kultur ist das Kopieren von Bestehendem zwecks Erlernung und Weiterentwicklung. Wenn Kultur-Konsumenten kriminalisiert werden, führt das Urheberrecht zwangsläufig zum Tod der Kultur. Dem mag man entgegen halten, dass die Produkte der Musik- und Filmindustrie aufgrund ihrer kommerziellen Charakteristika gar keine eigentlichen Kulturgüter darstellen. Das wäre natürlich nicht ganz von der Hand zu weisen, denn früher haben es „Kulturschaffende“ (welch ein grässliches Wort!) nicht fertig gebracht, so viel Schrott zu produzieren. Heute „ernährt“ es eine ganze Industrie. Wenn der Erschöpfungsgrundsatz auch für die nicht-kommerzielle Nutzung geistiger bzw. immaterieller Schöpfungen gelten würde – unabhängig davon wie und zu welchem Preis sie in Umlauf gebracht wurden, sähe das ganz anders aus …

Um dem ganzen rechtlichen Geplänkel aus dem Weg zu gehen, geht Apple mit dem iPhone eigene Wege – wie schon bisher mit dem iPod. Kundenbindung/-knechtung und Inkompatibilität heissen die Zauberwörter. Wer einen Song über iTunes erwirbt, ist für die Nutzung desselbigen sein Leben lang an Geräte von Apple gebunden, welche dieses DRM-System als Einzige beherrschen. Geräte der Konkurrenz können mit den Songs im Apple-Format nichts anfangen. Ja, man kann die Inhalte grundsätzlich immer auch in andere Datenformate konvertieren. Aber das ist mehr etwas für technikverliebte Freaks mit viel Freizeit und sicher nichts für Otto-Normalverbraucher. Nicht einmal ich selber habe die Nerven, mir sowas anzutun. Jetzt nimmt Apple die Leine noch etwas kürzer: um alle Funktionen des iPhones nutzen zu können, braucht man einen iTunes-Account. Datenschützer schlagen Alarm. Für Konkurrenz könnte aber schon bald gesorgt sein, denn auch Skype drängt aufs Handy, wenn auch vorerst nur mit Telefondiensten.

Weitere Informationen zum Thema:

Mehrwertdienste, die keine sind

So genannte Mehrwertdienste (für Klingeltöne, Handylogos, Bilder und Animationen für MMS, SMS- und Televoting, TV-Glückspiele über teure kostenpflichtige Telefonnummern, Telefon-Sex, etc.) erfreuen sich zunehmender Verbreitung und offensichtlich grosser Beliebtheit. Manchmal frage ich mich, für wen die so genannten Mehrwertdienste einen Mehrwert darstellen – für den Konsumenten oder den Anbieter?

Die Fernsehzuschauer mit „Glückspielen“ nerven und dabei dick Kohle abkassieren – das funktioniert anscheinend hervorragend. Anders kann ich mir die allabendliche Belegung der Sendezeit bei den Privatsendern mit „Glücksspielen“ nicht erklären. Wenn nur jeder tausendste Anrufer durchkommt und der Rest mit einer Nietenmeldung „Es tut uns leid, …“ aus der Konserve abgespiesen wird, ergibt das bei Tausend Anrufern einen Umsatz von 1’000 bis 5’000 Euro (je nach Gebühren für einen Anruf) bei einer Auszahlung von 200 bis 1’000 Euro, sofern der Kandidat die Frage richtig beantwortet, was oft nur jedes zehnte Mal der Fall ist. Das heisst, die Auszahlungen fallen gegenüber den Einnahmen gar nicht ins Gewicht. Unter dem Strich bleiben so pro Spielrunde so bis zu 50’000 Euro beim Veranstalter hängen. Bei sechs Spielrunden pro Stunde sind dies bis 300’000 Euro pro Stunde. Nach dieser kleinen Rechnung versteht sicher jeder den „Mehrwert“ solcher Sendungen. Die Teilnehmer können statistisch gesehen nur verlieren. Die oberen Ausreisser in dieser Statistik nennt man dann die „Gewinner“.

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Ist Blogging Online-Journalismus?

Diese Frage wird seit der Erfindung des Blogs immer wieder aufgeworfen und oft sehr kontrovers diskutiert. Gestandene Journalisten wehren sich oft wehement, mit Bloggern in den gleichen Topf geworfen zu werden. Blogger sehen ihre Schreiberei jedoch in den seltensten Fällen als journalistische Tätigkeit. Trotzdem taucht die Frage immer wieder auf. Also muss doch etwas daran sein.

Für mich ist Blogging eine neue Form der Kommunikation, die uns erst durch das Web ermöglicht wurde. Neben den Leserbriefen in Zeitungen und Zeitschriften konnte man seine Meinung bereits vor zwanzig Jahren auch in Newsgroups kundtun. Diese waren damals aber nur wenigen Leuten zugänglich, die über die nötigen Informatik-Kenntnisse verfügten und Zugang zur Infrastruktur hatten. Hier stand und steht heute noch die Diskussion mit anderen über ein bestimmtes Thema im Vordergrund. Blogs funktionieren ein bisschen anders. Sie sind heute praktisch jedem von überall zugänglich und bieten meist die auch Möglichkeit, Beiträge zu kommentieren. Diese Möglichkeit des Feedbacks und Dialogs wird jedoch verhältnismässig wenig genutzt. Blogging ist folglich mehrheitlich eine Art der Einwegkommunikation. Damit haben Blogs mit Journalismus schon etwas gemeinsam.

Blogs sind mehr als nur ein Teil des „Social Web“. Sie sind zu einem festen Bestandteil in der Webkommunikation geworden. Sie haben durchaus auch meinungsbildende Kraft und Wirkung und erfreuen sich besonders dort grosser Beliebtheit, wo man mit der Qualität des klassischen Journalismus nicht zufrieden ist. Blogger schreiben grundsätzlich, was sie wollen. Sie geniessen aber keine Narrenfreiheit, sondern sind medienrechtlich den Journalisten gleichgestellt. Trotzdem sind in vielen Blogs Persönlichkeitsverletzung sowie auch Urheberrechtsverletzungen an der Tagesordnung. Gute Blogs haben solche Massnahmen nicht nötig, um Inhalte zu liefern und Aufmerksamkeit zu erregen. Sie zeichnen sich vielmehr durch die Qualität ihrer Inhalte und Beiträge aus. Gute Kinderstube und Fairness sind auch im Web gefragt und kommen beim Publikum längerfristig immer besser an als Beleidigungen, Hetzkampagnen, Diffamierungen und Blosstellungen. Kritik gehört dennoch praktisch zu jedem Blog, der über die Themen der egoistischen Vergnügungssucht hinaus geht. Sie sollte sich aber am Grundsatz orientieren: „was du nicht willst, das man dir tut, das füge auch keinem anderen zu„.

Zum Blogging gehören gewisse Eigenschaften, die einen guten Blogger ausmachen. Dazu gehören meines Erachtens …

  • Beherrschung der Sprache und die Fähigkeit, sich mediumsgerecht, einfach und verständlich auszudrücken.
  • Leidenschaft für die Schreiberei: wer es nicht gerne und mit Überzeugung tut, wirkt kaum authentisch und kann nicht überzeugen.
  • Missionbewusstsein und Mitteilungsbedürfnis: der Blogger will etwas erzählen, hat etwas mitzuteilen oder glaubt zumindest, seinen Senf zum Zeitgeschehen beitragen zu müssen.
  • Hang zum Exhibitionismus oder zumindest ein gewisses Mass an Extrovertiertheit: das könnte man auch einfach als Kontakt- oder Kommunikationsfreudigkeit bezeichnen.
  • Breites Allgemeinwissen und Lebenserfahrung: aus diesem Fundus schöpft der Autor für seine geistigen Ergüsse.

Und was macht einen guten Journalisten aus? Im Wesentlichen sind es die gleichen Kriterien. Hinzu kommen vielleicht noch seriöse Recherche und Objektivität. Also ist Blogging auch Online-Journalismus? Brauchen wir eine Abgrenzung? Wozu? Ist dies überhaupt sinnvoll? Gemäss den Forschungsergebnissen von Christoph Neuberger, Christian Nuernbergk und Melanie Rischke besteht zwischen Weblogs und professionellem Journalismus eher eine komplementäre als eine konkurrierende Beziehung. Die Nürnberger Kommunikationsagentur Flutlicht kommt in ihrer Umfrage zum Ergebnis, dass die grosse Mehrheit (70%) der Journalisten (insbesondere bei Tageszeitungen und Life Style Magazinen) regelmässig Blogs innerhalb ihres Alltags nutzen – und sei es bloss als eine Art Stimmungs- und Trendbarometer. Als Konkurrenz werden Blogs lediglich von Tageszeitung empfunden. 90% der befragten Journalisten nutzen Online-Angebote regelmässig (angeführt von Wikis, gefolgt von RSS Feeds und Blogs) und 30% bloggen selber privat oder beruflich. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die bekanntesten sogenannten „Alphablogger“ grösstenteils aus den Reihen der bloggenden Journalisten kommen.

Vor allem Unternehmen aus dem publizistischen Umfeld nutzen Blogs bereits seit längerem als verlängerten Arm ins Web. Die Verlagsgruppe Handelsblatt GmbH in Düsseldorf ist gleich mit mehreren Blogs ihrer Mitarbeiter online, wie zum Beispiel elektrischer Reporter und Indiskretion Ehrensache. Alle journalistischen Online-Formate haben einen gewissen Blog-Charakter. Also ist Online-Journalismus irgendwie immer auch ein bisschen Blogging und die Grenzen zwischen den heutigen Medienformaten verschwimmen zunehmend. Dass Blogging immer auch ein bisschen Online-Journalismus ist, mag zwar bei einigen Blogs zutreffen. Bei vielen Stänker-Blogs (deren Namen und Adressen ich hier bewusst nicht veröffentlichen möchte) kann ich dies aber sicher nicht behaupten.