Der Schwedische Reichstag hat am Mittwochabend die Initiative von Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt mit 143 gegen 138 Abgeordnetenstimmen (mit nur einer Stimmenthaltung) relativ knapp angenommen. Schweden erhält mit dem neuen Abhörgesetz sein Pendant zum umstrittenen britisch-amerikanischen Echelon-System. Die staatlichen Behörden bekommen ein allumfassendes Abhörrecht ohne Nachweis konkreter Verdachtsmomente und mit der Befugnis, den kompletten elektronischen Datenverkehr (Telefon, SMS, Fax, Email, Internet-Verkehr) zwischen Schweden und dem Ausland zu überwachen. So wird aber zum Beispiel auch der gesamte Verkehr mit jeder schwedischen Domain belauscht, die auf einem ausländischen Server gehostet wird. Das neue Gesetz stellt einen tiefen Eingriff in die Bürgerrechte ohne ausreichende Schutz- und Kontrollmöglichkeiten dar.
Überwachung
Datenmissbrauch ohne Ende
Eine Welle von Meldung zu durchgeführten und geplanten Datenmissbräuchen und Verletzungen der Privatsphäre weltweit ging in den letzten Wochen und Tagen durch die Medien. Hier eine Auswahl dieser Meldungen: Continue reading
Geschäftsmodell von Google & Co. ist bedroht
Als Suchmaschine liegt es in der Natur von Google, Daten von Websites zu sammeln und auszuwerten. Mindestens so interessant für die Anbieter von Diensten und Inhalten sind aber auch die Daten der Nutzer. Neben Google speichern auch die Konkurrenten wie Yahoo! oder Microsoft und die Internet-Grössen Amazon, Ebay, Apple und Skype die persönlichen Daten und das Nutzungsverhalten der Besucher ihrer Portale, Kommunikationsdienste und Suchmaschinen, um sie gezielt mit Werbeanzeigen „bedienen“ zu können. „Behavioral Targeting“ nennen es die einen, „Stalking“ nennen es andere.
Die Rechtsprechung in Deutschland übernimmt in jüngster Zeit eine führende Rolle in Sachen Datenschutz innerhalb der EU. Nach den Grundrechten auf „informationelle Selbstbestimmung“ und eine „digitale Privatsphäre“ könnten durch ein Verbot, die IP-Adresse von Benutzern zu speichern, die führenden Web-Grössen schon bald vom Thron gestürzt und die Informatinonsgesellschaft ganz ordentlich aufgemischt werden. Die ersten Gerichtsurteile dazu sind schon ergangen.
Überwachung überall
Heute auf dem Weg zur Arbeit habe ich einmal die Überwachungskameras gezählt, denen ich vor allem in den öffentlichen Verkehrsmitteln ausgesetzt bin, ohne mich in irgendeiner vernünftigen Art und Weise dagegen wehren zu können. Meine Bilanz:
- Bus: 3 Kameras
- Zug: 2 Kameras
- Bahnhöfe und Haltestellen:2 Kameras
Beiträge zu Schäuble und Überwachung
Immer mehr Beiträge zu Herrn Schäuble und seinem Überwachungwahn im Namen der Terrorbekämpfung finden den Weg zu Videoplattformen sei es als sachliche Berichterstattung, als Diskussionsbeitrag oder auch als Satire. Gerade die satirischen Beiträge erinnern mich etwas an jene zu Beginn der deutsch-braunen Ära. Damals nahm man den Adolf auch nicht ganz ernst und gab ihm in mancher Hinsicht sogar Recht, was sich später als fataler Fehler herausstellte.
Schäubles Vorstellungen von innerer Sicherheit:
Schäuble ist durchgeknallt
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble forderte auf dem 11. europäischen Polizeikongress in Berlin den polizeilichen Zugriff auf die Schengen-Visa- und EURODAC-Datenbanken, die bisher nur für Visa-Beamte zugänglich sind. Zudem will er den gegenseitigen Zugriff auf die nationalen DNA-Datenbanken aller 27 Mitgliedsstaaten und ebenso einen weiteren Ausbau der Fluggastdatenbanken. Von „neuen Formen des Wissensmanagements“ und „neuen Grenzmanagement-Systemem“ im Namen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus sprach auch EU-Kommissar Franco Frattini. Justizministerin Brigitte Zypries will aber der „ausufernden Sammlerei„ Einhalt gebieten und verwies auf die Proteste zur Vorratsdatenspeicherung. Mit den Worten „Polizeicomputer können Polizisten niemals ersetzen“ forderte Zypries den personellen Ausbau von Polizei- wie Justizbehörden und erntete damit den lauten Beifall der Delegierten.
Seit bekannt ist, welches Gedankengut den Herrn Bundesinnenminister antreibt, kann ich seine Gedanken und Forderungen gut nachvollziehen. Teilen tue ich seine Ansichten aber in keinster Weise. Polizisten sollen ihre Arbeit machen können und dazu brauchen sie die notwendigen Arbeitsmittel. Aber auch hier gilt die alte Weisheit „a fool with a tool is still a fool“. Ein paar gut ausgebildete, intelligente Polizisten mit gesundem Menschenverstand sind bestimmt wirksamer als eine ganze Farm schnüffelnder Polizeicomputer.
Microsofts Beitrag zur totalen Überwachung als Patentantrag
Die britsche Times ist auf einen Patentantrag von Microsoft aufmerksam geworden, der ein „Big Brother“-System beschreibt, mit dem Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz überwacht werden können: „A unique monitoring system and method is provided that involves monitoring user activity in order to facilitate managing and optimizing the utilization of various system resources“. Dies beschränkt sich nicht auf den Computer. Auch physiologische Daten sollen dazu erfasst werden. Bisher kannte man solche Systeme erst in der Raumfahrt und für Piloten sowie für Leute bei gefährlichen Sondereinsätzen – zum Schutz des eigenen Lebens und dem von Mitmenschen. Man will damit „Probleme“ besser identifizieren können, um dem Mitarbeiter bei Bedarf raschmöglichst Hilfe bieten zu können. Die physiosoligischen Daten wie Puls, Körpertemperatur, Atemfrequenz, Blutdruck, Mimik oder Bewegungen sollen Auskunft über den aktuellen Zustand des Mitarbeiters liefern. Diese Daten sollen über längere Zeit gesammelt und zu exakten Leistungs-Profilen verarbeitet werden. Alles im Namen der Optimierung und Effizienzsteigerung.
Bin ich einmal angespannt und müde, wird der Sekräterin automatisch mitgeteilt, ob sie mir einen Kaffee oder Orangensaft bringen soll. Welch herrliches Macho-Leben! Continue reading
International Privacy Ranking 2007 – Zunehmende Überwachung durch den Staat
Die Missachtung des Datenschutzes und die damit einhergehende Verletzung der Privatsphäre scheinen voll im Trend zu liegen – auch und besonders von staatlicher Seite. Zu diesem Schluss kommt das International Privacy Ranking 2007 (PDF) der beiden Bürgerrechtsorganisationen Privacy International aus Grossbritannien und Electronic Privacy Information Center aus den USA.
Deutschland ist nicht zuletzt dank immer mehr Überwachungskameras, Überwachung am Arbeitsplatz, biometrischen Pässen und den Plänen von Wolfang Schäuble & Co. zu Online-Überwachung und Vorratsdatenspeicherung vom 1. auf den 7. Platz abgesackt. Japan plant den Ausbau der Webzensur und auch China hat neue Beschränkungs-Regeln zur Bereitstellung von Videos im Internet erlassen. Amis und Briten sind spätestens seit 9/11 von Natur aus paranoid und auch in Australien wird eine Great Firewall nach chinesischem Vorbild im Namen des Jugendschutzes errichtet. Aber auch die Schweiz erreicht nur 2.4 Punkte von deren maximal 5 möglichen.
Die steigende Datensammelwut sämtlicher (untersuchten) Regierungen legt den Verdacht nahe, dass alle Bürger dieses Planeten unter einem Generalverdacht stehen. Die Bevormundung und Überwachung der Bürger durch den Staat nimmt immer totalitärere Formen und Ausmasse an. „Das kann doch gar nicht sein“ mögen manche Zeitgenossen ignorativ sagen. „Schliesslich leben wir im 21. Jahrhundert.“ Eben deshalb! Man mag und will es schon bald nicht mehr hören. Aber das Thema ist nun mal brisant und jetzt ist (noch) Zeit zum Handeln!
Das Medien-Echo dazu ist lesenswert:
- golem.de: Immer mehr Staaten überwachen ihre Bürger
- DIE ZEIT: Dem Bürger wird misstraut
- PC Magazin: Immer mehr Staaten überwachen ihre Bürger
- SPIEGEL ONLINE: Deutschland im Abwärtstrend
- The Inquirer: Überwachungsstaat: USA und Großbritannien knapp hinter China und Russland
Kommen da Zeiten auf uns zu, wo wir uns schon bald die „gute alte Stasi“ zurückwünschen? Wie soll ich diese Welt bloss meinen Kindern erklären? Vielleicht sollte ich ein Aufklärungs-Buch für Kinder zu diesem Thema schreiben.