Month: Januar 2012

Das Revolutionäre in den Netzen

Was bringt uns die Vernetzung von Menschen über das Web? Welche Auswirkungen hat es auf die Gesellschaft, wenn sich Menschen, die sich in der Regel gar nicht kennen, zu einer Aktions-Gemeinschaft zusammenschliessen, weil sie gemeinsame Wertvorstellungen und Ziele teilen, und durch den Austausch ihrer Gedanken neue Impulse generieren und ungeahnte Dynamiken entfesseln? Wie kann und soll man damit umgehen? Wie kann man dies positiv nutzen?

Mit diesen und weiteren Fragen befasst sich seit längerem Prof. Dr. Peter Kruse, der sich dazu an der 4. Sitzung der Enquete Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ im Deutschen Bundestag am 5. Juli 2010 äusserte (ganze Stellungnahme als PDF Datei):


Revolutionäre Netze durch kollektive Bewegungen

Durch die Verschiebung von den PUSH-Medien TV, Radio und Print zum PULL-Medium Web/Internet fand eine Machtverschiebung vom Anbieter zum Konsumenten statt. Durch die raschen, immer verfügbaren und äusserst kostengünstigen Kommunikationsmöglichkeiten wird eine hohe Vernetzungsdichte von Individuen möglich. Die Menschen schliessen sich zu Bewegungen zusammen und werden durch ihr gemeinsames Handeln mächtig. Kommt es in einem solchen vernetzten System zu einer hohen Spontanaktivität und Erregung, besteht die Tendenz zur Selbstaufschauklung, wenn dabei der Nerv des Zeitgeistes getroffen wird. D.h. es entsteht Resonanz. Und bei einer spontanen Resonanz in einer grossen, hoch vernetzten Gruppe kann diese Resonanz auch zu unkontrollierbaren Ereignissen von grosser Dynamik führen. Dies gilt sowohl für spontane Massenbesäufnisse (z.B. Bottelóns) als auch für Demonstrationen von Empörten (z.B. Occupy Bewegung, Arabischer Frühling).

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Medien empören sich über die Empörten

Die friedliche Protestaktion von „Occupy Paradeplatz“ hat den Steuerzahler der Stadt Zürich im letzten Jahr angeblich 72’500 Franken gekostet:  13’500 Franken für die Räumung der Zeltstadt auf dem besetzten Lindenhof und die Reinigung des Platzes sowie 59’000 Franken für den Polizeieinsatz zur Kontrolle der Räumungsaktion. Diese Kosten seien den Aktivisten nicht in Rechnung gestellt worden. Darüber empören sich nun einige. Zum Vergleich: An der alljährlichen Street Parade kostet allein die Entsorgung der Abfallberge ca. 100’000 Franken und die Organisatoren und ihre Sponsoren kommen nur für einen Teil dieser Kosten auf. Die Veranstalter fordern sogar noch die Unterstützung der Stadt Zürich, die ihnen einen Teil der Kosten von insgesamt rund 250’000 Franken erlassen soll, welche sie für Reinigung, Sanität und Polizei bezahlen. Darüber scheint sich kaum jemand zu empören. Wird hier mit unterschiedlichen Ellen gemessen?