Month: Mai 2008

Juristen erklären die Informatik

Wenn Juristen die Rechtslage im Zusammenhang mit technischen Themen beurteilen müssen, sind sie mit ihrem Latein nur allzu rasch am Ende. Das alleine ist noch kein aussergewöhnliches Problem und liesse sich leicht durch den Beizug eines sach- und rechtskundigen Ingenieurs lösen. Wenn allerdings solche Rechtsgelehrte in der Richterrolle in Unkenntnis oder Verkennung der Technologie Recht sprechen, wird es allerdings höchst problematisch, denn sie Entscheiden oftmals über Schicksale von Personen und Unternehmen. Immer wieder führt technisches Nicht- und Halbwissen, vor allem wenn es zu allem auch noch (bewusst oder unbewusst) juristisch falsch interpretiert wird, zu Urteilen, bei denen ich manchmal nicht so recht weiss, ob ich lachen oder weinen soll. Auf jeden Fall möchte dann am liebsten in die Tischkante beissen.

Zum Glück gilt das nicht ganz für alle Juristen. Es gibt immer wieder Ausnahmen, die manchmal selbst mich erstaunen. Alexander Koch, seines Zeichens selber Doktor der Rechtswissenschaften und Freund der Informationstechnologie, hat unter daufaq.de Zitate aus Gerichtsurteilen und juristischer Fachliteratur zusammengetragen. Hier sind zwei meiner liebsten Brocken:

F: Woraus bestehen Daten auf einer Festplatte?
A: Elektronische Daten … bestehen – unabhängig davon, ob sie sich lediglich im Arbeitsspeicher befinden oder auf einem Datenträger wie Diskette/Festplatte o.ä. gespeichert sind – aus elektrischer Spannung und unterfallen daher nicht dem sachenrechtlichen Sachbegriff.

F: Worum handelt es sich bei dem so genannten World Wide Web (WWW)?
A: Bei diesem handelt es sich um ein auf dem Internet fußendes Programm, in dem sich Unternehmen, Institutionen und Privatpersonen mit Informationen, Werbung usw. in optischen und akustischen Darstellungen präsentieren können.

Ich hoffe, dass immer mehr Juristen den Zugang zu technischen Themen finden. Dann fällt meine Zahnarztrechnung tiefer aus und die Tischplatten leben länger.

Unternehmertum und Verantwortung

Im Beitrag „Wer ist denn heute noch unternehmerisch?“ beleuchtet DER VERWERTER die Ursachen für den zunehmenden Schwund des Unternehmertums in der modernen, globalisierten Informationsgesellschaft, die sowohl im privaten als auch im geschäftlichen Bereich nur nach „quick wins“ lechzt und sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung zu entziehen versucht. Ein philosophischer Leckerbissen, möchte ich sagen.

Die Web-2.0-Blase beginnt zu platzen

Blase - stock.xchngLetztes Jahr habe ich geschrieben „Social-Networking-Blase platzt“ und „Soziale Netzwerke im Internet bröckeln„. Darauf wurde ich auch schon mal (offline) als „pessimistischer Spinner“ und Schwarzmaler bezeichnet, der keine Ahnung von Web 2.0 hat. Jetzt holt die Realität meine Kritiker ein, wie die netzeitung.de im Artikel „Niedergang der Netzwerke“ berichtet. Das einzige soziale Netzwerk, das meines Wissens unter dem Strich (noch) Geld verdient, ist Xing mit den Gebühren für Premium-Mitgliedschaften. Alle anderen Plattformen, die sich vorwiegend oder ausschliesslich über Einblendung von Werbung finanzieren, können nicht einmal kostendeckend operieren, geschweige denn einen Gewinn erwirtschaften. Werbung ist hier nicht erwünscht, stört nur und wird von den Benutzern kaum akzeptiert. Das werbefinanzierte Geschäftsmodell funktioniert folglich nicht. Aber eigentlich hätte man dies mit etwas Kenntnissen in Wahrnehmungspsychologie auch schon früher herausfinden können, bevor man Millionen für lustige Features verbrannt hat. Die Geeks freut’s, aber die Nerven von manch einem Risikokapitalgeber dürften schon recht angespannt sein. Zwischenmenschliche Beziehungen – auch geschäftliche sind nur solche – lassen sich eben nicht so einfach zu Geld machen, indem man die Benutzer sich virtuell verhyperlinken lässt und sie dann mit Werbung volldröhnt. Das Ende des Web-2.0-Hypes hat begonnen …

Studie zu Sexismus in Wissenschaft und Technik

Wenn Frauen Studien zu „Sexismus in Wissenschaft und Technik“ verfassen, haben diese meist einen akkusativen Unterton und liefern dennoch keine befriedigende Antwort auf die weibliche Untervertretung in „Männerdomänen“. Ich frage mich, warum solche Studien immer nur ausgewählte, traditionell männerdominierte Berufsgattungen der Besserverdiener aufs Korn nehmen und nie die minder privilegierten Berufe. Auch die aktuelle Studie unter der Leitung von Sylvia Ann Hewlett erklärt nicht, warum Frauen keine Müllmänner oder Dachdecker werden möchten und warum in den Wirtshäusern trotz tendenziell häufigerer sexueller Belästigung vor allem weibliches Personal die Gäste bedient. „Sex sells“ und Sexismus erregt die Gemüter. Besonders amüsant finde ich dazu aber die Diskussion im heise-Forum.

Traffic über RSS manipulieren

RSS ist eine effiziente Art, Nachrichten übers Web zu aggregieren. Über eine kleine Manipulation lässt sich der Traffic auf die eigene Website steigern.

Nachrichtenseiten im Web werden immer häufiger über einen RSS-Newsreader (wie zum Beispiel NewsFox) gelesen. Anstatt jede Website mühsam einzeln nach neuen Beiträge abzuklappern, konsultiert der moderne Nachrichtenleser im Netz seinen RSS-Reader, um zu sehen, ob irgendwo neue Beiträge publiziert wurden. Üblicherweise werden die Einträge nach Datum absteigend sortiert angezeigt, so dass immer der neuste Beitrag zuoberst in der Liste erscheint. Dazu trägt jeder Eintrag den Zeitstempel des Publikationszeitpunktes. Datiert man diesen zum Beispiel um eine Stunde vor, so erscheint dieser Beitrag noch lange vor den nachher mit korrektem Zeitstempel publizierten Beiträgen anderer Websites in der Liste.

Der Tagesanzeiger zum Beispiel hat diesen RSS-Zeitstempel um eine ganze Stunde vordatiert. Aufgefallen ist mir dies heute nur, weil die Meldung „Der FC Basel ist Schweizer Meister“ bereits kurz nach 22:00 Uhr im NewsFox mit der Zeit 23:04 Uhr angezeigt wurde. Anscheinend wurde er kurz nach der Veröffentlichung einer kurzen, provisorischen Version von 22:16 Uhr um (angeblich) 22:30 Uhr geändert. Der nächste Artikel „Superdelegierte: Obama überholt Clinton“ erschien etwas später mit der Zeitangabe 23:18 Uhr im Newsreader. Auf der Website wird jedoch 22:18 Uhr als Publikationszeit angegeben. Zuerst dachte ich, die Systemuhr des Tagi-Webservers sei bloss falsch eingestellt, aber dann müssten der Zeitstempel im RSS-Feed und der angegebene Publikationszeitpunkt auf der Webseite gleich falsch sein.

Folglich wird hier aktiv manipuliert, damit der Beitrag länger prominent an erster Stelle im Newsreader verweilt. Um den ganzen Artikel zu lesen, muss der Eintrag im Newsreader angeklickt werden, was den Leser auf die betreffende Webseite des Tagi führt. Wer länger an der „Pole Position“ verharrt, hat somit eine höhere Aufmerksamkeit und statistisch gesehen die besseren Chancen, angeklickt zu werden. Dies generiert mehr Traffic und dieser ist bekanntlich der Motor der Internets. SEO war gestern – heute ist RTM (RSS timestamp manipulation) angesagt!

Journalismus im Internet-Zeitalter

Der 11. September 2001 machte den Journalisten Jeff Jarvis zum Blogger. Das veränderte seine Sicht auf die Medienwelt des 21. Jahrhunderts grundlegend. Im Interview mit dem Elektrischen Reporter spricht er über die veränderte Beziehung zwischen Medien und der Öffentlichkeit und erklärt, warum es seiner Meinung nach für Journalisten ein Fehler ist, Social Networks zu ignorieren.

Wenn ein weisshaariger Mann so klar begriffen hat, wie das Web den Journalismus schon beeinflusst hat und in den kommenden Jahren noch verändern wird, brauche ich dem eigentlich gar nichts mehr hinzuzufügen.

Missbrauch von Videoüberwachung leicht gemacht

Sicherheit durch Überwachung scheint sich immer mehr zum (auch staatlich verordneten) Standard zu werden. Die Luzerner Jungsozialisten haben im Vorfeld der Abstimmung über ein Reglement zur Videoüberwachung vom 1. Juni mit nur einem Laptop sowie einem handelsüblichen Empfangsgerät ausgerüstet Videoüberwachungskameras in verschiedenen Geschäften und anderen Orten der Stadt angezapft. Bei vielen Installationen wird das Videosignal nicht über ein Kabel sondern ungesichert mittels Funk übertragen, weil das viel günstiger ist. Wie leicht Videoüberwachung anzuzapfen und zu missbrauchen ist, dokumentiert der folgende Beitrag:

Weshalb nur die Jusos, die jungen Grünen und die Gewerkschaft Unia (unterstützt von ein paar weiteren kleinen Gruppen) sich für die rechtsstaatliche Freiheit engagieren und das Referendum gegen die Überwachungsvorlage ergriffen und innert kürzester Frist auch zustande gebracht haben, kann ich als parteiloser Ingenieur nicht so recht verstehen. Wo bleibt die Opposition der sonst so freiheitsliebenden SVP gegen das Reglement zur Videoüberwachung im öffentlichen Raum?

Und plötzlich werden Leute, die früher tendenziell den Pflastersteine werfenden Chaoten näher standen, zu Bewahrern der Rechtsstaatlichkeit und der Privatsphäre. tempora mutantur … Ist das etwa so etwas wie die „neue linke Bünzligkeit“? Wo bleiben die bürgerlichen Parteien? Sind diese schon zu lethargischen Polit-Zombies mutiert? Ich verstehe bald die Welt nicht mehr.

Google steigt und Yahoo sinkt

Die IT-Aktien der Webgrössen zeigen eine hohe Volatilität.

Der Kauf von DoubleClick durch Google wurde auch von der Europäischen Wettbewerbskommission genehmigt und die Linux-basierte Open-Source-Plattform „Android“ für mobile Endgeräte verheisst dem Suchmaschinen-Marktführer gute Chancen, auch den Markt der Mobilkommunikation in weiten Teilen an sich zu binden. Das stimmt Analysten und damit die ganze Börsenwelt positiv. Der Kurs der Google-Aktie steigt vorerst wieder kräftig – ungeachtet der Bedenken von Datenschützern und nicht nur möglicher sondern wahrscheinlicher datenschutzrechtlicher Konsequenzen, die das werbebasierte Geschäftsmodell schon bald arg ins Wanken bringen könnten.

Das Yahoo-Papier dagegen musste an (Börsen-) Wert einbüssen, weil Microsoft (angeblich) kein Interesse mehr an einer Übernahme hat. Damit ist die Sache aber wohl kaum vom Tisch, denn es wird vermutet, dass Microsoft mit einem fingierten Rückzug nur den Preis für eine feindliche Übernahme drücken will. Dies gibt aber zugleich auch Yahoo selber die Möglichkeit, eigene Aktien am Markt günstig zurückzukaufen, um sich vor einer feindlichen Übernahme zu schützen.

Beide Beispiele zeigen, wie empfindlich der Markt auf aktuelle Ereignisse reagiert. Viele IT-Aktien sind und bleiben Spekulationsobjekte, von denen sich „schlaue Gambler“ den schnellen Gewinn erhoffen. Und da soll noch einer sagen, der IT-Markt wäre langweilig!