Überwachung

Was ist der Unterschied zwischen privaten und staatlichen Geheimdiensten?

Die massenmediale Berichterstattung über die Massenüberwachung erscheint mir immer wieder als eigenartig schizophren. Während gegenüber der anlasslosen und verdachtsunabhängigen Überwachung durch Geheimdienste und Strafverfolgungsbehörden tendenziell kritisch Stellung bezogen wird, wird diesbezüglich kaum oder nur sehr selten und auch dann nur äusserst verhalten Kritik an globalen Anbietern wie Google, Apple, Microsoft, Facebook, Twitter, Samsung und anderen geübt. Das verwundert Branchenkenner auch nur wenig, denn mit denen sind unsere Qualitätsmedien schliesslich wirtschaftlich verbandelt. Diese wahrnehmungstechnische Skurilität hat Christine Prayon bereits vor rund einem Jahr in einer satirischen Kurzeinlage aufgezeigt. Nur, genutzt beziehungsweise etwas geändert hat sich seither gar nichts.


Christine Prayon in „Die Anstalt“ vom 26.05.2015 über Geheimdienste

Seit vor allem das FBI Druck auf die Anbieter macht, ihr Hintertüren in Hard- und Software einzubauen und Geräte zu knacken, stehen diese im Verdacht, auch rechtswidrigen Begehren von Behörden Folge zu leisten und die Grundrechte ihrer Kunden zu verletzen. Dabei kann von „Kunden“ eigentlich kaum die Rede sein, denn diese bezahlen meist keinen Cent (ev. mit Ausnahme von Apple und und allenfalls Microsoft). Und wer in einer Geschäftsbeziehung nicht der zahlende Kunde ist, ist in der Regel selber das Produkt, das zu Geld gemacht wird. Natürlich erfolgt diese Verwertung nicht direkt sondern über die über die Opfer gesammelten persönlichen Daten. Weil aber Datenklau nicht physisch weh tut, empfinden naive Benutzer dabei weder Verlust noch Schmerz, der sie zur Gegenwehr veranlassen würde.

Die Anbieter operieren selber quasi als private Geheimdienste. Als Komplizen der staatlichen Bespitzler wollen sie trotzdem nicht wahrgenommen werden. Dies wäre reputations- und geschäftsschädigend, weil mit dem Vertrauensverlust ein erheblicher Verlust an Benutzern und damit Ressourcen einhergeht. Dagegen wehren sich die Firmen verständlicherweise zumindest vordergründig und öffentlichkeitswirksam und lassen dabei kein Rechtsmittel unausgeschöpft. Die Medien füttern sie systematisch mit entsprechenden Informationen über ihre Rechtsklagen und Drohgebärden. Das zu erwartende Resultat nimmt allerdings die Volksweisheit „Bellende Hunde beissen nicht“ schon vorweg. Doch seien wir mal ehrlich: welchen Unterschied macht es, ob wir von privaten oder staatlichen Geheimdiensten überwacht und ausspioniert werden?

Wir Lieben Überwachung

Mit dem Kurzfilm „Du bis Terrorist“ hat Alexander Lehmann 2009 für Aufmerksamkeit gesorgt und das Thema Massenüberwachung zwecks Terrorbekämpfung satirisch-anschaulich aufgearbeitet, noch lange bevor Edward Snowden die Schweinereien der Geheimdienste publik gemacht hat. Nun doppelt er mit „Wir lieben Überwachung“ nach. Ein weiterer gelungener Film!


Wir Lieben Überwachung

Update 02.01.2015

Alexander Lehmann präsentierte seinen Film am 31C3 (31. Chaos Communication Congress) in Englisch:


We love surveillance

Vernachlässigte Körpersprache

Angela MerkelIn Unternehmen werden immer mehr Mitarbeiter in Kommunikations-Seminare geschickt, weil immer mehr Unternehmen die Wichtigkeit einer wirkungsvollen Kommunikation erkennen. Dort lernen die Teilnehmer als Erstes, dass in der Kommunikation der nonverbale Anteil überwiegt – viele sprechen von 85 Prozent, einige sogar von 93 Prozent, manche nur von 2/3. Der genaue Prozentsatz ist im Grunde auch gar nicht so wichtig und variiert von Mensch zu Mensch. Er widerspiegelt höchstens unseren Zwang, alles mit Zahlen ausdrücken zu wollen, um dadurch den Eindruck der Wissenschaftlichkeit zu erwecken. Entscheidend hingegen ist die Erkenntnis der Relevanz der nonverbalen Kommunikation. Wie wir etwas sagen, sagt viel mehr über unsere Botschaft und ihre Hintergründe aus, als der verbale Inhalt es tut.

Bei den allermeisten Journalisten scheint dies noch nicht angekommen zu sein, denn ihre Berichterstattung beschränkt sich ausschliesslich auf die verbale Kommunikation. Einzig Merkur-Online zeigte einmal vor einigen Jahren den Reichtum der Mimik von Bundeskanzlerin Angela Merkel, ohne diese jedoch näher zu interpretieren. Hier liegt noch unheimlich viel Potential brach. Dabei könnten Sportjournalisten ohne Interpretation der Körpersprache ihren Job gar nicht ausüben. In vielen Sportarten wird sehr viel oder sogar ausschliesslich mit dem Körper gesprochen, besonders wenn es laut zu und her geht. Hier ist der „Sprachschatz“ allerdings sehr limitiert und genormt, um den Interpretationsmöglichkeiten keinen Freiraum zu lassen. In der zwischenmenschlichen Kommunikation hingegen gibt es viel mehr Freiheitsgrade und auch einige Unterschiede diesbezüglich zwischen den Kulturen. Wer die nonverbalen Botschaften in jedem Kontext richtig zu interpretieren vermag, ist immer im Vorteil. Mit der Interpretation der Körpersprache von Politikern und Prominenten scheinen Journalisten auf breiter Front überfordert zu sein. Oder gehört hier ein Tabu zur Berufsethik?

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Inhaltsüberwachung verstösst gegen Grundrechte

Europäischer Gerichtshof - LogoDer Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden (PDF), dass Internetzugangs-Anbieter (Internet Service Provider, ISP) nicht nur nicht gezwungen werden dürfen, die übertragenen Daten ihrer Kunden ohne einen ausreichenden Verdacht und richterlichen Beschluss auf rechtswidrige Inhalte (vor allem im Hinblick auf Urheberrechtsverletzungen beim Austausch von Film- und Musik-Dateien) zu überprüfen, sondern bezeichnet eine solche verdachtslose Überwachung als Verstoss gegen die EU-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr und als unvereinbar mit den Grundrechtecharta der EU. Die Inhaltsanalyse des Datenverkehrs mittels Deep Packet Inspection (DPI) verursacht Kosten beim ISP, schränkt dessen unternehmerische Freiheit ein und verstösst gegen die Netzneutralität. ISPs sollen nicht Polizei für die Unterhaltungsindustrie spielen müssen. Jedes anders lautende Urteil hätte zudem weitreichende Konsequenzen für die Menschenrechte und würde einen völlig unverhältnismässigen Eingriff in die Privatsphäre bedeuten. Besteht allerdings ein hinreichender Verdacht mit konkreten Anhaltspunkten zu einer Rechtsverletzung beziehungsweise einer Straftat, die einen solchen Eingriff rechtfertigen würde, ist eine Überwachung des Datenverkehrs der betroffenen Person mit einer gerichtlichen Anordnungen auf einer entsprechenden Rechtsgrundlage weiterhin möglich, wobei ein Zugangsanbieter im Rahmen seiner Möglichkeiten und des ihm Zumutbaren zur Mithilfe verpflichtet werden kann.

Die Unterhaltungsindustrie täte gut daran, ihre Ansprüche und vor allem ihr Geschäftsmodell zu überprüfen und an die Realität des Informationszeitalters anzupassen. Es ist nun einmal eine Tatsache, dass Daten in digitaler Form unabhängig von ihrem Inhalt beliebig verlustfrei und praktisch kostenlos kopiert werden können. Einen technischen Schutz, der die Nutzung dieser Daten gezielt steuern liesse gibt es nicht und kann es prinzipbedingt gar nicht geben, ohne die Privatsphäre der Nutzer vollständig abzuschaffen. Dies hat einen grossen Einfluss sowohl auf Immaterialgüter als auch auf den Datenschutz. Es wäre an der Zeit, dass diese Tatsachen endlich auch eine entsprechende Berücksichtigung in der Gesetzgebung finden würden. Diese hinkt der technologischen Entwicklung leider um Jahrzehnte hinterher.

Dem Sicherheitswahn verfallen

Nach dem Bombenanschlag und dem Massaker in Norwegen wird uns bewusst, dass Massenmord-Anschläge nicht nur von „fundamentalistischen Muslimen“ verübt werden. Auch in gewissen, sich als „christlich“ bezeichnenden Kreisen schlummert ein Potential zu politisch motivierten Gewaltverbrechen, obschon solche Gewalt in höchstem Masse unchristlich ist. Das scheint nun einige paranoide Profilierungsneurotiker besonders unter den Politikern zu gleichsam perversen Ideen zu inspirieren. Sie glauben, durch noch mehr präventive Überwachung der gesamten Bevölkerung mehr Sicherheit schaffen und die Gesellschaft vor geisteskranken Amokläufern schützen zu können.

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Echtzeitüberwachung via Spielkonsole KINECT

Microsoft Kinect für Xbox 360

Microsoft verkauft „Kinect“ zur Erweiterung der Xbox 360 als Revolution und das Ding hat durchaus Potential, zum Renner zu werden, zumal auch der Preis von 150 Euro beziehungsweise 199 Schweizer Franken alles andere als überrissen ist. Mit Kinect kommt die Spielkonsole ohne Controller aus, denn Kinect funktioniert wie ein 3D-Touchscreen, nur dass es nicht mit den Fingern sondern mit dem ganzen Körper gesteuert wird. Couch Potatoes werden kaum Gefallen daran finden. Das ist nur etwas für bewegungsaktive Menschen und für solche, die nichts zu verbergen haben und sich gerne ausspionieren lassen …

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Wie wir täglich ausspioniert werden

Ich will Deine Daten!Sie erfreuen sich grosser Beliebtheit: Apps für iPhone, Android, MySpace und Facebook sowie Addons und Plugins für Firefox, Thunderbird, Internet Explorer und Opera. Sie bieten oft ganz nützliche Dienste und dies meist zu günstigen Preisen oder sogar kostenlos. Doch die Gefahr, die von diesen Softwarezusätzen ausgeht, ist den meisten Nutzern überhaupt nicht bewusst. Diese kleinen Softwareerweiterungen können in der Regel tun und lassen, was sie selber gerade möchten oder was ihnen ihr Programmierer aufgetragen hat. Dazu gehört auch das Ausspionieren und Verschicken von persönlichen Daten. Kein Virusscanner und keine Firewall können dies verhindern, da die Spione im Kontext ihre Wirtes laufen, der prinzipiell über die entsprechenden Berechtigungen zur Kommunikation verfügt. Auf Smartphones ist Sicherheitssoftware ohnehin Mangelware und auch wenn es sie für alle Zwecke und Geräte gäbe, wäre ihre Konfiguration einem Otto Normalverbrauchern nicht zuzumuten.

Datenschutz existiert de facto nur auf dem Papier. Die Praxis hingegen sieht sehr übel aus. Was technisch möglich ist und jemandem einen Nutzen verspricht, das wird auch gemacht – ganz ungeachtet irgendwelcher Gesetze, denn technische Mängel lassen sich nicht durch Gesetzesparagraphen schliessen. Wo neben begehrenswerten Daten auch eine Internetverbindung vorhanden ist, werden auch Apps, Plugins und Addons entwickelt, mit denen diese Daten abgesaugt werden. Das Ganze verpackt man in lustige Spiele und nützliche Anwendungen oder sogar in angebliche Sicherheitserweiterungen. Während diese ihren Dienst tun, sammeln sie nebenbei im Hintergrund unbemerkt Daten und schicken sie an ihren Heim-Server. Wie bei Apples iTunes wird der Benutzer bei der Installation manchmal sogar in unverschämter Weise dazu genötigt, solchem Treiben in den allgemeinen Lizenz- und Nutzungsbestimmungen zuzustimmen. Nur ganz wenige machen sich die Mühe, die meist unendlich langen, kompliziert formulierten und bewusst schlecht lesbar angezeigten Texte zu lesen, und noch weniger verstehen diese auch wirklich. Privatsphäre ist zur Handelsware geworden und Betroffenen haben meist keine Ahnung davon.

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Neues aus Absurdistan 9

Mit der „Entrückung“ anderer kann man Geld verdienen, das US-Patentamt zeigte sich wieder einmal von seiner völlig inkompetenten Seite und eine Schulgemeinde glaubte, ihre Schüler über die Webkamera deren Notbooks auch zuhause überwachen zu müssen, und steht nun vor Gericht.

Vom Glauben der anderen profitieren

EntrückungDamit Christen in den USA, die an ihre kurz bevorstehende Entrückung in den Himmel glauben, ihre irdischen Haustiere nach ihrer plötzlichen Himmelfahrt in guten Händen wissen, betrauen sie Atheisten mit deren Betreuung. Darauf beruht das Geschäftsmodell von Bart Centres Dienst „Eternal Earth-Bound Pets„, für den er ein Netz von ungläubigen Tierpflegern aufgebaut hat. Naja, so lassen schliesslich auch orthodoxe Juden am Sabbath alles ihnen Verbotene von sogenannten „Shabbat Goys“ verrichten. Für irgendetwas sind auch die Ungläubigen immer zu gebrauchen. (Quelle: heise TELEPOLIS)

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Digitalisierung: Fluch oder Segen?

DigitalisierungDie schöne Welt der Computer und unbegrenzten Kommunikation hat uns sehr viele Annehmlichkeiten beschert. Doch allmählich scheint das Pendel in die andere Richtung zu schlagen. Wir haben uns von einer Technologie abhängig gemacht, die uns Segen und Wohlstand versprach. Doch langsam fängt das Bild der schönen, heilen Computerwelt mit ihren digitalisierten Inhalten zu bröckeln an.

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Nokia erpresst Finnlands Regierung

Nokia LogoDer Handyhersteller Nokia verlangt von Finnlands Regierung, alle E-Mails der eigenen Mitarbeiter überwachen zu dürfen, andernfalls würde man das Unternehmen ins Ausland verlagern. Finnlands Regierung hat Angst vor dem drohenden Verlust von 16’000 Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen und soll die gewünschte Gesetzesinitiative bereits initiiert haben. Der Hintergrund ist vermutete Industriespionage durch den chinesischen Konkurrenten Huawei.

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Sicher im Internet unterwegs

(Dieser Beitrag wurde zuletzt am 17.08.2008 aktualisiert)

Immer wieder werde ich bei Problemen im Zusammenhang mit Computer und Internet um Rat gefragt. Der voliegende Beitrag ist eine Zusammenfassung meiner Erfahrungen dazu. Er zeigt die Probleme, welchen wir im und durch das Internet ausgesetzt sind, und liefert einfache Lösungen (sozial, technisch, rechtlich).

Datenschutz und ein Recht auf Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung gibt es zwar auf dem Papier. Diese Rechte aber in der Praxis durchzusetzen, ist alles andere als einfach. Zudem ist es schon erschreckend, mit welcher Unbedarftheit und Naivität manche Zeitgenossen Informationen über sich und ihr soziales Umfeld im Web mehr oder weniger freiwillig preisgeben. Auch mit dem sicheren Umgang mit Internet-Applikationen sowie der Einrichtung der Infrastruktur tun sich viele äusserst schwer. Trotzdem hält die Mehrheit der PC-Nutzer Daten im Netz für sicher, obwohl der Besuch im Web immer gefährlicher wird. Die Meisten kümmern sich erst wirklich darum, wenn sie bereits Opfer von Persönlichkeitsverletzungen wie Cyberbullying, Datendiebstahl wie Passwortklau beziehungsweise Phishing, Spam oder sonstigen Attacken, Betrug oder Datenmissbrauch geworden sind, oder erst dann, wenn ihr Rechner einem Virus oder Trojaner zum Opfer gefallen ist oder zum ferngesteuerten Zombie-Rechner in einem Botnetz geworden ist.

Dabei wäre es gar nicht so schwer, mit bereits minimalsten Vorkehrungen das Leben im Cyberspace relativ sicher zu gestalten (obschon eine 100 prozentige Sicherheit gar nicht möglich ist). Deshalb habe ich im Folgenden ein paar grundsätzliche Verhaltensregeln, Anwendungen und Konfigurationsbeschreibungen zusammengestellt, die ein weitgehend sicheres Wandeln im Internet ermöglichen, auch ohne auf datenschutzproblematische, werbefinanzierte Dienstleistungen verzichten zu müssen.

Dieser Beitrag richtet sich auch an technisch weniger versierte Benutzer mit minimalsten IT-Grundkenntnissen und soll ihnen einen sichereren Umgang mit dem Internet sowie den Zugang zu weiter führenden Informationen ermöglichen. Daher ist der ganze Text gespickt mit Links. Wer Details zu einem betreffenden Stichwort wissen möchte, folgt einfach diesen Links. Zusätzlich finden sich Links zu anderen Websites und lesenswerten Beiträgen am Ende des Artikels.

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Eidgenossen wollen keinen Schnüffelstaat

Die Rechtskommission des Nationalrates hat den Gesetzesentwurf zur „Reform des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit“ (BWIS) abgelehnt und an den Bundesrat zurückgewiesen. Endlich haben es SP und SVP einmal geschafft, sich gemeinsam (wenn auch mit etwas unterschiedlicher Motivation) gegen einen unverhältnismässigen Eingriff in die Grundrechte mit unklaren Rahmenbedingungen zur Wehr zu setzen. Es bleibt weiterhin zu hoffen, dass sich die Eidgenossen durch die hochgebauschte Terrorgefahr nicht so leicht über den Tisch ziehen lassen wie die Deutschen oder die Schweden.