Recht

Datenschutzniveau in Deutschland steigt

Etwas erstaunt aber dennoch erfreut habe ich zur Kenntnis genommen, dass das Deutsche Bundeskabinett heute den umstrittenen Gesetzesentwurf verabschiedet hat, wonach Kunden in die Weitergabe von Personendaten für Werbung von Drittfirmen einwilligen müssen. Es soll demnach grundsätzlich das Opt-in-Prinzip für die Weitergabe von persönlichen Daten an Dritte für Werbung, Markt- und Meinungsforschung gesetzlich verankert werden. Ausgenommen davon bleiben die Eigenwerbung, die Spendenwerbung insbesondere für gemeinnützige und kirchliche Organisation und auch die Werbung im reinen Geschäftsbereich (Business to Business – B2B). Auch die „Beipackwerbung“ – der Mitversand von Werbeunterlagen von Drittanbietern – soll erlaubt sein.

Besonders begrüssenswert erachte ich auch die neue Informationspflicht bei Datenschutzpannen. Zudem sollen marktbeherrschende Unternehmen den Abschluss eines Vertrages nicht mehr von der Bekanntgabe personenbezogener Daten und der Einwilligung der Betroffenen in die Nutzung zu Werbezwecken abhängig machen dürfen. Verstösse gegen das Datenschutzrecht sollen in Zukunft mit bis zu 300.000 Euro Bussgeld bestraft werden können. Dies verdeutlicht, dass Datenschutzrechtsverletzungen künftig nicht mehr als Kavaliersdelikte behandelt werden. Sogar der selbst so datensammelwütige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble sprach von einem „kriminellen Unrecht“. Vielleicht will er ja bloss weitere Datenschutzskandale in der Privatwirtschaft vermeiden, um seine eigenen Überwachungspläne besser durchboxen zu können. Ob ihm das allerdings gelingt, wenn er die Bürger insgesamt für den Umgang mit ihren Daten sensibilisieren will?

Dynamische IP-Adressen sind keine personenbezogene Daten

IP-Adresse

Das Amtsgerichts München hat entschieden: dynamische IP-Adressen sind keine personenbezogene Daten. Damit stellen sich die Münchner gegen das Urteil des Amtsgerichts Berlin Mitte. Das Urteil hat eine sehr hohe Relevanz für die gesamte Internetbranche, denn jeder Webserver speichert normalerweise die technischen Daten der aufrufenden Clients und damit auch die IP-Adressen in den Server-Logs.

Leider differenziert das Gericht zu wenig hinsichtlich der Umstände, unter denen diese Daten erhoben werden. Eine dynamische IP-Adresse sei nur theoretisch einem einzelnen Benutzer zuzuordnen. Praktisch verfüge jedoch nur der Internet-Provider über diese Informationen und im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung hat das Bundesverfassungsgericht klar hohe Hürden für die Verwendung dieser Daten aufgestellt. Solange ein Benutzer sich nicht auf einer Website anmeldet (d.h. sich identifiziert) und die Daten der einzelnen Website-Betreiber nicht zusammengeführt und verknüpft werden, ist dies auch korrekt so. Problematisch wird es allerdings, wenn eine Website zum Beispiel Google-Analytics verwendet. Da ca. 80 Prozent der relevanten Websites Google Informationen über ihre Besucher sammeln lassen, ist das Problem noch lange nicht abschliessend geklärt. Das Urteil aus München dürfte nur vorübergehend für Freude bei den Suchmaschinenbetreibern und Werbemessern sorgen.

Biometrische Schweizer Pässe und Identitätskarten kommen vors Volk

Das Referendum gegen Überwachungsstaat und Identitätsdiebstahl steht! Dem überparteilichen Referendumskomitee gegen Biometrische Schweizer Pässe und Identitätskarten ist es anscheinend gelungen, die nötigen Unterschriften für das Zustandekommen des Referendums zu sammeln. Herzlichen Glückwunsch! Zwischen 52’000 und 60’000 Unterschriften sollen es sein. Genau sagen konnten es die Initianten heute noch nicht, da relativ viele Unterschriften erst in letzter Minute eintrafen und noch nicht verifiziert und gezählt werden konnten.

Der Erfolg ist aus gleich mehreren Gründen besonders bemerkenswert:
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Die nächste Stufe beim Datenschutz-GAU

Der Datenschutz ist mittlerweile de facto schon abgeschafft und viele Politiker und Sicherheitsfanatiker überlegen sich nur noch, wie man das Kind endgültig und doch sozialverträglich beerdigen kann. Auf der Suche nach neuen Geschäftmodellen für das Internet und bei meinen Datenschutz-Zukunftsszenarien bin ich nun auf noch brach liegende „Nutzenpotenziale“ gestossen, deren Erschliessung sicherlich nicht mehr lange auf sich warten lassen wird.

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Der unerlaubte Umgang mit Daten

RechenzentrumWenn Daten in falsche beziehungsweise nicht autorisierte Hände geraten, ist immer wieder die Rede von „Identitätsdiebstahl„, „Raubkopie„, „Datenklau“ und „Datenverlust“, obwohl der rechtmässige Eigentümer normalerweise weiterhin im Besitz der Daten ist. Da die Daten meist lediglich kopiert und nicht physisch (zusammen mit dem Datenträger) entwendet werden, kommt niemandem eine „Sache“ abhanden. Die Körperlichkeit von Daten wird deshalb vielfach immer wieder bestritten, wobei nicht bloss Daten im klassischen Sinne wie Kundeninformationen oder Mitarbeiterdaten (die üblicherweise in Datenbanken gespeichert werden) sondern auch sämtliche digitalisierten Inhalte wie Texte, Audio- und Video-Daten sowie auch Software als Daten zu betrachten sind. Dies führt regelmässig zu heftigen Diskussionen um das Immaterialgüterrecht.

Ein Begriff, der den jeweiligen Sachverhalt für unerlaubten Datenbesitz beziehungsweise das unerlaubte Kopieren und Verwenden von Daten eindeutig und korrekt widergibt, fehlt bislang in unserer Sprache, was immer wieder zu Missverständissen und gelegentlich auch zu Fehlurteilen von technisch weniger kundigen Rechtsgelehrten führt. Continue reading

Spieleindustrie lernt aus Fehlern der Musikindustrie

EA Sports Chef Peter Moore sprach sich auf der aktuellen Games Convention in Leipzig gegen die juristische Verfolgung von Tauschbörsennutzern aus: „Es hat für die Musikindustrie nicht funktioniert. […] Ich persönlich denke, wir sollten nicht in die selbe Falle tappen wie die Musikbranche. Er versicherte, Electronic Arts hege keine Pläne, die eigenen Käufer rechtlich zu bedrohen.

Die teuren Honorare für die Rechtsanwälte können bestimmt sinnvoller investiert werden, als zur Verklagung von P2P-Filesharern. Moore’s Einsicht hat jedoch mehr ökonomische als ethische Hintergründe, denn wer seine Kunden verärgert, macht schliesslich seinen eigenen Markt kaputt. Die Musik- und Filmindustrie kann ein Lied davon singen. Da kann man nur hoffen, dass auch Moore’s Mitbewerber dies so sehen.

Referendum gegen Überwachungsstaat und Identitätsdiebstahl

Freiheitskampagne gegen biometrische Pässe und IdentitätskartenGemäss dem Willen des Bundesrats und der Mehrheit des Parlaments (siehe Bundesbeschluss vom 13.06.2008) sollen ab dem 1. März 2010 alle Schweizer Pässe und Identitätskarten zwingend mit biometrischen Daten und einem RFID-Chip versehen werden. Zusätzlich sollen all diese Daten in einer zentralen Datenbank des Bundes gespeichert werden und ausländische Regierungen und private Unternehmungen sollen Zugriff auf diese persönlichen und vertraulichen Informationen der Schweizer Bürger erhalten. Dagegen hat ein überparteiliches Komitee das Referendum ergriffen. Und was machen die übrigen, lethargischen Eidgenossen?

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Ermüdungstaktik beim Abbau von Grundrechten

Reinhard Jellen führte bei Telepolis mit Heiko Habbe, einem Redakteur des Grundrechte-Reports, ein Interview zu den Entwicklungen und Wirrungen der Informationsgesellschaft und der Verfassungswirklichkeit. Die Rechtsvereinheitlichung im europäischen Raum stellt eine der grössten Herausforderungen für Europa in diesem und dem nächsten Jahrzent dar und führt in der Praxis immer mehr zu einem schleichenden Abbau von Grundrechten, den wir nicht einfach so hinnehmen dürfen.

„Scroogled“ auf Deutsch

In einem Kommentar von Nenomin bei Gerald Reischls Google-Falle-Website bin ich auf die deutsche Übersetzung von Christian Wöhrl des Kurzromans „Scroogled“ von Cory Doctorow gestossen, der unter Beachtung der CC-Lizenzbestimmungen gerne weiterverbreitet werden darf (und soll). „Scroogled“ ist die Kurzform für „Screwed by Google“ und heisst auf Deutsch soviel wie „Von Google verarscht“. Wer spannende Krimis und Thriller mag und Google kennt, mag auch diese Geschichte.

15. Bericht des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten

Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) Hanspeter Thür unterstreicht in seinem 15. Tätigkeitsbericht (PDF), dass die Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen in Internet-Tauschbörsen unter Wahrung des Persönlichkeitsschutzes zu erfolgen hat und verweist dabei auf das geltende Telekommunikationsgeheimnis. Continue reading

Die USA kontrollieren die Daten der Welt

Die USA fordern Zugriff auf die Internet- und Kreditkartennutzung und das Reiseverhalten von EU-Bürgern und die EU gibt klein bei. Fluggastdaten werden mit den USA schon länger ausgetauscht und an die verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung, die elektronische Gesundheitskarte und den elektronischen Einkommensnachweis werden die deutschen Nachbarn gerade gewöhnt. Dabei müsste man eigentlich mehr von „datenschutzrechtlicher Konditionierung“ des Bürgers sprechen. Und nun plant das Innenministerium auch noch ein zentrales Melderegister, damit die staatliche Überwachung effizient abgewickelt werden kann.

Die EU entpuppt sich immer mehr als Marionette der USA in ihrem virtuellen Kampf gegen den Terror und auch die Schweiz folgt gehorsam, wenn es um die Vernichtung von belastendem Beweismaterial und den Austausch von Bewegungsdaten ihrer Bürger geht. Von einer Partnerschaft kann hier wohl kaum mehr die Rede sein.

Solange die Missachtung der Privatsphäre, die Verletzung des Datenschutzrechts und der Datenmissbrauch (vor allem wenn er durch staatliche Stellen begangen wird) keine empfindlichen strafrechtlichen Konsequenzen nach sich zieht, bleibt das ganze Gerede um Datenschutz eine Farce. Privatrechtliche Schadenersatzforderungen sind auf der aktuellen Rechtsgrundlage praktisch nicht möglich. Was sind Gesetze wert, gegen die man ungestraft verstossen kann? Wo bleiben die Grundrechte des freien Bürgers? Wieso schläft hier der Gesetzgeber?

Eidgenossen wollen keinen Schnüffelstaat

Die Rechtskommission des Nationalrates hat den Gesetzesentwurf zur „Reform des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit“ (BWIS) abgelehnt und an den Bundesrat zurückgewiesen. Endlich haben es SP und SVP einmal geschafft, sich gemeinsam (wenn auch mit etwas unterschiedlicher Motivation) gegen einen unverhältnismässigen Eingriff in die Grundrechte mit unklaren Rahmenbedingungen zur Wehr zu setzen. Es bleibt weiterhin zu hoffen, dass sich die Eidgenossen durch die hochgebauschte Terrorgefahr nicht so leicht über den Tisch ziehen lassen wie die Deutschen oder die Schweden.