Medien und Multimedia

Medien-Manipulationen entdecken und interpretieren lernen

Über die manipulative Macht der Medien habe ich schon wiederholt geschrieben. Wer glaubt, dass alles, was in den Nachrichten über die Mattscheibe flimmert, sich auch wirklich so zugetragen hat, ist naiv – viel zu naiv. Hinter vielen Aktionen stehen Lobbies, die spezialisierte PR-Agenturen mit der Manipulation der öffentlichen Meinung beauftragen, wie dies zum Beispiel in der Schweiz bei der Abstimmung vom 17. Mai 2009 über die Einführung von biometrischen Reisepässen und Identitätskarten geschehen ist („Wie Medien und Politiker Abstimmungen manipulieren„, „Wirbel um Aussagen von Doris Fiala zum biometrischen Reisepass„). Damals wurde die PR- und Lobby-Agentur Furrer.Hugi&Partner AG mit der öffentlichen Meinungsbildung beauftragt. Bei der Minarett-Abstimmung hielt man eine intensive Medienarbeit offenbar nicht so sehr für nötig und wurde vom Volkswillen überrascht.

Wie solche PR-Agenturen funktionieren, zeigt der folgende Beitrag:

Aber nicht nur die Nachrichten, sondern auch Interviews und Talk-Shows werden (meist durch die speziell geschulten Moderatoren) gezielt manipuliert. Wie das funktioniert, zeigen die folgenden Beiträge:

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Manipulation durch Medien

Von den Massenmedien geht eine ungeheure Macht aus, deren wir meist gar nicht so bewusst aber deren Einfluss wir tagtäglich ausgeliefert sind. Neben den drei offiziellen Staatsgewalten Legislative, Exekutive und Judikative bilden die Medien neben der Zentralbank die zweite inoffizielle Gewalt in einem Staat. Die Macht der Medien wäre eigentlich kein Problem, solange diese nicht für Partikularinteressen ausgenützt und missbraucht würde. Die Praxis zeigt jedoch ein anderes Bild und die Erfahrung hat uns gelehrt, dass es nur einer Minderheit gelingt, den Versuchungen der dunklen Seite der Macht zu widerstehen.

Die Manipulation durch die Medien habe ich schon in verschiedenen Beiträgen kritisiert. Besonders dass die „veröffentlichte Meinung“ als „öffentliche Meinung“ – also die Meinung der Öffentlichkeit – dargestellt wird, finde ich immer wieder störend. Die Ansichten, die Medienschaffende vertreten, können sich natürlich mit jenen der Allgemeinheit decken. Doch eine solche Meinungskongruenz ist eher zufällig, wird aber auch durch die Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch die Medien forciert.

Für den reiz- und informationsüberfluteten Zeitgenossen ist es unheimlich schwierig, in der bunten Medienwelt die Spreu vom Weizen zu trennen, d.h. zwischen sachlicher und wahrer Information und Manipulation zu unterscheiden. Die Anforderungen an die Medienkompetenz sind durch das Internet noch weiter gestiegen. Um diese Kompetenz zu entwickeln, ist es zwingend notwendig, die Mittel und Mechanismen der Manipulation zu verstehen. Erst neulich bin ich auf meinen Streifzügen durchs Web auf Rhetorik.ch auf den Beitrag „Medien und ihre Macht der Manipulation“ des Kommunikationsberaters Marcus Knill gestossen, der bereits in der Ausgabe 6/1997 der Zeitschrift „Achtung Sendung“ erschienen ist und auch heute im Web-Zeitalter noch vollumfänglich aktuell und gültig ist:

  • Die Macht der Themenauswahl
  • Die Macht der Mikrofon- oder Kamerapräsenz
  • Die Macht des Ausklammerns
  • Die Macht, darüber zu befinden, wieviel und welche Gäste eingeladen werden (Publikum)
  • Die Macht der Zumischung von Geräuschen oder Musik
  • Die Macht der Titelgebung
  • Die Macht der Bildauswahl (Fotos/Filmsequenzen)
  • Die Macht der Kameraführung
  • Die Macht der Nähe
  • Die Macht, den Hintergrund zu wählen
  • Die Macht der Tonsteuerung
  • Die Macht des Weglassens und Kürzens
  • Die Macht als Kontrollinstrument (Medien als sogenannte 4.Gewalt)
  • Die Macht der Etikettierung
  • Die Macht der An- und Abmoderation
  • Die Macht durch die Bestimmung der Spielregeln
  • Die Macht des Heimvorteils
  • Die Macht der Wortwahl
  • Die Macht, Produkte, Autoren, Veranstaltungen usw. zu fördern

In einem weiteren Beitrag „Massenmedien – Medien für die Massen“ (erschienen in der Zeitschrift „Achtung Sendung“, Nr. 8/2000) beleuchtet Knill zusätzlich auch die massenpsychologischen Phänomene. Wer sich noch nie eingehend mit der Materie auseinandergesetzt, empfehle ich bei Beiträge wärmstens zur Lektüre, denn wie Knill selber so schön sagt:

„Mit Massenmedien umgehen können will auch heissen, die Gesetzmässigkeiten der Massenkommunikation und die wichtigsten Phänomene der Massenpsychologie kennen.“

Medienanalyse eines Teenagers erschüttert Analysten

Mädchen am NotebookDer 15-jährige Matthew Robson hat im Rahmen seines Praktikums bei der Investmentbank Morgan Stanley eine Medienanalyse aus der Sicht eines Teenagers durchgeführt und damit anscheinend die Welt der gestandenen Analysten erschüttert. Von einem „Sensationsbericht“ und von „klarsten und aufrüttelndsten Erkenntnissen“ ist sogar die Rede. Die Ergebnisse des Jungen erstaunen mich nicht, aber dafür umso mehr die Reaktionen der „Fachwelt“, denn Robsons Erkenntnisse sind keinesfalls neu oder überraschend – jedenfalls nicht für jene, die sich seit längerem realistisch-analytisch mit dieser Materie befassen und selber Kinder im Teenie-Alter haben.

Der letzten Freitag veröffentlichte Bericht zeigt:

  • Twitter ist für die Jugend irrelavant.
  • Plattformen wie Facebook, die eine breite Palette an Interaktionsmöglichkeiten bieten, sind gefragt.
  • In Büchern schlagen Teenager nur ungern etwas nach, denn mit Google kommen sie schneller zum Ziel.
  • Die regelmässige Nutzung des Internets gehört zum Alltag eines Teenagers. Am liebsten vergnügen sie sich auf Facebook oder schauen sich auf YouTube Videos an.
  • Der Medienkonsum von Teenagern ist höher als von älteren Zeitgenossen, aber die Bereitschaft, dafür zu bezahlen, ist ausgesprochen tief.
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www.come-to-switzerland.com ist Satire

Nun ist es offiziell: Die Website www.come-to-switzerland.com war weder jemals ein ernst gemeintes Angebot, noch diente sie der Politpropaganda im Abstimmungskampf gegen oder für die Erweiterung der Personenfreizügigkeit mit der EU. Dies macht der Deutsche Markus Gäthke in folgendem Video klar:

Es war schon erstaunlich, wie die Medien genüsslich über die Website hergefallen sind und ihre Verschwörungstheorien konstruiert haben. Weder die SVP oder der junge SVP-Nationalrat Lukas Reimann noch Linksaktivisten hatten jemals etwas damit zu tun. Gäthke hat sich einfach einen Scherz erlaubt und jetzt lacht die ganze Welt über die schweizer Medien.

Update vom 07.02.2009

Wenn schon jeder seine „Verschwörungstheorie“ zum Besten gibt, möchte ich auch meine nicht für mich behalten. Wie wäre es mit folgender:

Markus Gäthke wollte mit seinem kleinen Budget seiner Einmann-Firma Werbung machen. Er nimmt sich grosse Marken wie zum Beispiel Benetton zum Vorbild. Egal was es ist, Hauptsache, man bekommt Aufmerksamkeit. Diese im Zeitalter des „Information Overloads“ zu gewinnen ist gar nicht so leicht. Aber er bekam sie von den schweizer Medien umsonst. Ob ihm dies nun wirklich Aufträge bringt, weiss ich nicht.

Für diese „Theorie“ spricht, dass sich Gäthke nicht erst nach sondern kurz vor dem Abstimmungswochenende an die Öffentlichkeit wandte. Nur dies garantierte ihm grösstmögliche Medienaufmerksamkeit, weil klar sein musste, dass jedes Käseblatt und viele Blogs darüber berichten würden. Ein Outing nach der Abstimmung hätte ihm kaum die gleich grosse Beachtung in der Öffentlichkeit gebracht.

Bedenklich finde ich, wie der Tagesanzeiger Gäthke’s Aktion als Aufhänger für seine eigene Politpropaganda missbraucht. Im Beitrag „Eine unseriöse Website beeinflusst die Politik“ schliesst Iwan Städler mit folgendem Absatz:

Die Abstimmung über die Personenfreizügigkeit ist wichtig für die Schweiz. Sagt das Volk nein, sind die bilateralen Verträge in Gefahr. Und diese sind zentral für den Wohlstand der Schweiz. Auch die Personenfreizügigkeit selbst hat massgeblich zum Prosperieren der Schweizer Wirtschaft beigetragen. Dank ihr kommen hochqualifizierte Arbeitskräfte in die Schweiz. Sie verdienen in der Regel gut und zahlen entsprechend hohe Steuern sowie Sozialversicherungsbeiträge. Es wäre daher ein Eigengoal, wenn die Schweizerinnen und Schweizer am Wochenende nein zur Personenfreizügigkeit sagen würden. Darunter hätte die Schweiz noch lange zu leiden.

Welche unseriöse Website beeinflusst hier die Politik? Soviel zu objektivem Journalismus bei Tamedia. Als einziges seriöses „Blatt“ hat sich im ganzen Zirkus um Gäthke’s Website die Weltwoche mit dem Beitrag «Profitieren Sie vom Sozialsystem!» von Andreas Kunz hervorgehoben.

Internet für Qualitätsjournalismus

Das Internet eröffne für den Qualitätsjournalismus neue Möglichkeiten, sagt Jay Rosen. Er ist Professor für Journalismus an der New York University und betreibt das führende Journalismus-Blog „PressThink“ sowie die Open-News-Plattform „NewsAssignment.Net„. Er plädiert für einen Schulterschluss mit dem Internet anstatt dieses zu bekämpfen. Zeitungsmacher sollten ihr Produkt neu erfinden und das Potential des Internets nutzen. Im Interview mit Stephan Weichert und Alexander Matschke äussert er sich auf NZZ Online im Beitrag „Es ist alles keine Katastrophe“ über die Entwicklung des Journalismus. Es gibt also doch Journalisten, welche die Zeichen der Zeit erkannt haben.

Biometrische Schweizer Pässe und Identitätskarten kommen vors Volk

Das Referendum gegen Überwachungsstaat und Identitätsdiebstahl steht! Dem überparteilichen Referendumskomitee gegen Biometrische Schweizer Pässe und Identitätskarten ist es anscheinend gelungen, die nötigen Unterschriften für das Zustandekommen des Referendums zu sammeln. Herzlichen Glückwunsch! Zwischen 52’000 und 60’000 Unterschriften sollen es sein. Genau sagen konnten es die Initianten heute noch nicht, da relativ viele Unterschriften erst in letzter Minute eintrafen und noch nicht verifiziert und gezählt werden konnten.

Der Erfolg ist aus gleich mehreren Gründen besonders bemerkenswert:
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Politpropaganda via Internet

Das Internet wird immer mehr zum meinungsbildenden Medium. In mehreren Bereichen hat es die klassischen Medien bereits überholt. Auch der US-Präsidentschaftkandidat Barack Obama verdankt seinen Erfolg zu einem bedeutenden Teil seiner Internet-Strategie. Aktuell wird auch im Georgien-Konflikt über YouTube und Email Propaganda gemacht. Davon zeugt das Email mit dem Titel „Wahrheit uber Georgien Konflikt“, das ich soeben in meinem elektronischen Briefkasten fand:

Ein kleines Mädchen spricht die Wahrheit über georgische Angriffe:
http://youtube.com/watch?v=H8XI2Chc6uQ
(YouTube manipuliert den Aufrufzähler und lässt dieses Video nicht populär werden)

2000 Tote innerhalb von 2 Tagen durch georgischen Angriff – RIP
Für alle Kinder, Frauen, Männer die durch georgische Angriffe umgekommen sind starten wir diese Aktion.

Wir sind gegen Propaganda in deutschen Medien!
Wir sind keine Medien-Marionetten.
Wir wollten die WAHRHEIT! Wir sind das Volk!

Verbreite diese Nachricht wie ein Lauffeuer! (Emails, Blogs, Foren, ICQ)
Zusammen sind wir stark.

Den Wahrheitsgehalt der Meldung beziehungsweise des auf YouTube gezeigten Videobeitrags kann ich selber nicht beurteilen und will dazu entsprechend auch keine Stellung beziehen. Es verdeutlicht aber klar, welche Rolle das Internet bereits jetzt schon vor allem auch bei der politischen Meinungsbildung spielt und erst recht in Zukunft spielen wird. Ob die in der Email behauptete Manipulation des Aufrufzählers bei YouTube der Wahrheit entspricht oder nicht, ist eigentlich sekundär. Es veranschaulicht jedoch die Macht von Google (als Eigentümerin von YouTube) in Sachen Meinungsbildung – und das gibt mir sehr zu denken.

Journalismus im Internet-Zeitalter

Der 11. September 2001 machte den Journalisten Jeff Jarvis zum Blogger. Das veränderte seine Sicht auf die Medienwelt des 21. Jahrhunderts grundlegend. Im Interview mit dem Elektrischen Reporter spricht er über die veränderte Beziehung zwischen Medien und der Öffentlichkeit und erklärt, warum es seiner Meinung nach für Journalisten ein Fehler ist, Social Networks zu ignorieren.

Wenn ein weisshaariger Mann so klar begriffen hat, wie das Web den Journalismus schon beeinflusst hat und in den kommenden Jahren noch verändern wird, brauche ich dem eigentlich gar nichts mehr hinzuzufügen.

Die neue Musik-Welle kommt über’s Netz

Gestern war ich an einer Hausmusikparty bei Freunden. Dort traf ich ein paar sympathisch schräge und super nette Typen, die hervorragende Musik im trauten Familien- und Freundeskreis machten. Alle Band-Mitglieder kannte ich schon von früher bis auf Norbert, den netten Gitarristen und Sänger aus unserem östlichen Nachbarland. Das ist ein Vollblutmusiker, der wie ein Vulkan voller Ideen sprüht. Seiner alten Gibson entlockte er Töne, die einfach unter die Haut gingen. Richtige Musik unplugged auf noch richtigen, schon leicht patinierten Instrumenten. Und Hausherr Peter’s Steinway kam wieder einmal richtig schön zur Geltung.

Das ist die Musik, die die Herzen einer breiten Bevölkerungsschicht erfreut, weil sie ehrlich ist und von Herzen kommt. Ganz fern ab von Techno und Hip-Hop. Back to the roots? Nicht ganz. Völlig neue Klänge müssen auch nicht erfunden werden. Aber gut muss es sein. Und die neue Musik-Welle kommt über’s Netz! Das ist klar. Und sie geht an den gestandenen Radio- und Fernsehstationen vorbei, weil die meisten unter ihnen einfach die Zeichen der Zeit verschlafen. Die neue Musik-Welle ist swingig-jazziger Rhythm & Blues mit Soul, der sowohl funky als auch rockig ist und zwischendurch zum Träumen einlädt. Dafür hat Norbert schon ein paar Songs mit Potential für die Top Ten in den Charts geschrieben. Eine kleine Auswahl durfte ich soeben live hören und sehen. Das war die ideale Ergänzung zum Glas Rotwein und Lona’s selbstgebackenen Brownies (ist wirklich ganz lecker diese Kombination). Die Combo nennt sich übrigens „R&B Caravan„.

Als Anhänger längst vergessener Subkulturmusik etwas härterer Spielart mit Wurzeln in den 50-ern habe ich mich für die groovigen Klänge begeistern lassen und musste natürlich gleich im Netz noch mehr davon suchen. Norbert hat als junger, moderner Musiker selbstverständlich auch ein virtuelles Musikzimmer bei MySpace unter dem Künstler-Pseudonym „Lego Steiner„. Bereits der Name sagt viel über seine experimentelle Verspieltheit aus, was schon ein Clip aus Norbert’s Musiker-Frühzeit beweist:

Die Zukunft gehört den talentierten Musikern, die Musik machen, weil sie es können und selber Spass daran haben. Besonders auch im Hinblick auf die anstehenden Umwälzungen im Urheberrecht werden sich Künstler wieder zunehmend über richtige Arbeit, d.h. Live-Auftritte, finanzieren müssen, weil das Geschäftsmodell mit der Multiplikation durch den Verkauf von konservierter Musik (mit oder ohne Tonträger) einfach nicht mehr funktioniert. Wir dürfen gespannt sein, was da noch alles kommt. Aber eines ist sicher: es kommt vor allem auch über’s Netz!

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Social-Networking-Blase platzt

Nun ist es offiziell: das Platzen der Social-Networking-Blase ist in greifbarer Nähe. Das ist das Fazit der eben veröffentlichten Studie von Datamonitor. Endet das Web 2.0 schon, bevor es richtig begonnen hat? Spätestens 2012 soll es soweit sein, sagen die Marktbeobachter. Nach dem Platzen der ersten Internet-Blase (Dotcom-Hype) ereilt das Web 2.0 in Kürze das gleiche Schicksal. Blasen haben eben diese Angewohnheit, dass sie platzen. Das wissen auch die Finanzanalysten (zumindest die intelligenten unter ihnen) und geben Web 2.0 deshalb keine guten Noten. Für ein Internet-Projekt Investoren zu finden, wird in Zukunft daher noch schwieriger werden, mag das Projekt noch so gut sein und mit Web 2.0 gar nichts am Hut haben. Für Geldgeber, die nur selten wirklich über das nötige Verständnis für die Materie verfügen, ist es praktisch unmöglich, die Spreu vom Weizen zu trennen.

Second Life verliert rasant an „Bewohnern“ und steht bereits kurz vor dem Aus. MySpace, Facebook, Klassenfreunde, XING, LinkedIn & Co. wird das gleiche Schicksal ereilen. Virtuelle Freunde in virtuellen Gemeinschaften und Netzwerken sind falsche Freunde, wenn sie im echten Leben keine Freunde sind oder man sie nicht einmal persönlich kennt. Natürlich fand ich es toll, auf Klassenfreunde alte Schulkameraden zu treffen und auf XING alte Freunde, Arbeitskollegen und Bekannte wiederzufinden. Aber mittlerweile ist meine Premium-Mitgliedschaft bei XING nach einem Jahr abgelaufen und ich habe sie nicht mehr erneuert. Zu statisch, überladen und unübersichtlich ist das Angebot und auch die Benutzerfreundlichkeit lässt immer noch stark zu wünschen übrig. Mit Diskussionsforen wollte man die Plattform „anreichern“ und so den Mitgliedern einen Mehrwert und weitere Möglichkeiten zur virtuellen Vernetzung bieten. Sorry, aber das hatten wir auch mit den Newsgroups im Usenet und den Echos im FidoNet vor vielen, vielen Jahren schon (Usenet seit 1979, FidoNet ab 1984).

„User Generated Content“ heisst der Treibstoff des Web 2.0 nach offizieller Leseart. Aber seien wir doch ehrlich: ein Geschäftsmodell, das nur auf Fronarbeit für eine Werbeplattform basiert, kann einfach nicht funktionieren. Menschen, die einen Computer bedienen können, sind nicht wirklich blöd genug, um sich längerfristig derart ausbeuten zu lassen. Am Anfang ist es lustig und interessant, all die neuen Features auzuprobieren. Da zeigt sich unser Spieltrieb, dem auch ich anfangs erlegen bin. Aber irgendwann ist genug gespielt und das echte Leben ruft. Den Social Networks fehlt allgemein ein nachhaltiges Geschäftsmodell, mit dem sich Geld verdienen lässt. Hinzu kommen Copyright-Probleme für Inhalte, die ohne Genehmigung des Urhebers ins Netz gestellt werden. Das maximiert die Risiken für Investoren.

Es gibt aber durchaus auch Möglichkeiten für kommerzielle Plattformen, auf denen sich Menschen treffen und austauschen. Ich persönlich habe so ein Projekt bereits in der Schublade. Aber unter den gegeben Umständen ist die Suche nach geeigneten Geldgebern ein Spiessrutenlauf, den ich mir zur Zeit lieber erspare.

Von Mitgliedern einer Interessengemeinschaft generierte Inhalte gab es auch schon lange vor dem Web-Zeitalter. Diese Art der sozialen Netzwerke war und ist aber in der Regel immer weitgehend frei von kommerziellen Interessen. Das wird sich auch im Web nicht ändern. Nur macht das Internet den Austausch von Inhalten um Dimensionen einfacher und schneller (und das gefällt mir so an diesem Medium). Wikipedia ist das Online-Parade-Beispiel dazu. Aber auch hier lässt sich das Gaffer-Syndrom beobachten: ganz wenige schreiben und die meisten schauen und lesen nur. Deshalb bin ich auch nicht böse, wenn niemand einen Kommentar zu diesem Beitrag schreibt. Ich kommentiere schliesslich auch nur vielleicht jeden 500. Artikel, den ich lese. Peter Hogenkamps Forderung im Beitrag „Netzwoche – Special Usability: User participation“ in der aktuellen Netzwoche (2007/37) nach einer „Kommentarkultur“ erachte ich daher als verfehlt. Ich will nicht kommentieren und beitragen müssen. Ich tue es, wenn ich Lust dazu habe. Ironischerweise kann man Hogenkamps Beitrag nicht einmal online kommentieren, was ich gerne getan hätte.

Die nächste Blase, die noch nicht einmal annähernd die Grösse des Web 2.0 erreicht hat, ist Mobil-TV. Zu teuer und zu wenig geeignete Inhalte sowie eine ganze Reihe regulatorischer Hürden – das sind die Killerfaktoren. Fata Morganas gibt es immer wieder und solange es genug Lemminge gibt, werden sie reihenweise um das goldene Kalb tanzen, bis es sich in Luft auflöst.